Südafrika wählt ein neues Parlament
In Südafrika hat am Mittwoch die Parlamentswahl begonnen.
Das Wichtigste in Kürze
- Trotz Korruption und Armut kann ANC mit erneutem Sieg rechnen.
Es gilt als ausgemacht, dass die regierende Partei African National Congress (ANC) die Wahl für sich entscheiden wird. 26,8 Millionen Südafrikaner - fast die Hälfte der Bevölkerung - sind zur Wahl aufgerufen. Auch über die Zusammensetzung Provinzräte in den neun Provinzen des Landes wird abgestimmt. Der ANC liegt in den Umfragen weit vorn und Präsident und Parteichef Cyril Ramaphosa ist ungefährdet.
Der 66-jährige Ramaphosa gelangte im vergangenen Jahr an die Spitze des ANC, nachdem der damalige Präsident Jacob Zuma nach einer Reihe von Korruptionsskandalen zum Rücktritt gedrängt wurde. Bereits seit 2004 nahm die Unterstützung des ANC ab. Bei den Kommunalwahlen 2016 kam er auf 54 Prozent, bei der Parlamentswahl 2014 waren es noch 62 Prozent.
Ramaphosa gab sich bei der Stimmabgabe siegessicher: «Diese Wahl erinnert uns an 1994, sie läutet ein neues Zeitalter ein», sagte er im Wahllokal in Soweto nahe Johannesburg. Sie sei «wie eine Antriebsrakete für die Demokratie».
1994 wurden die ersten demokratischen Wahlen in Südafrika abgehalten. Es war das erste Mal, dass die schwarze Bevölkerungsmehrheit abstimmen durfte; nach drei Jahrhunderten weisser Herrschaft und dem ab 1948 etablierten rassistischen Apartheidsystem.
Umfragen sehen die ANC dank Ramaphosas Popularität und der Zersplitterung der Opposition bei knapp 60 Prozent. Doch der Unmut der Bevölkerung wächst, da es dem ANC bisher nicht gelungen ist, Armut und soziale Ungleichheit im Land einzudämmen. Das Wirtschaftswachstum betrug 2018 nur 0,8 Prozent. Die Arbeitslosenquote liegt bei rund 27 Prozent, die Jugendarbeitslosigkeit beträgt gar 50 Prozent. Der Rückhalt für die Erben von Übervater Nelson Mandela bröckelt, doch sie profitiert weiter von seiner Strahlkraft, dem 2013 verstorbenen Freiheitskämpfer und ersten demokratisch gewählten Präsidenten Südafrikas.
«Der ANC ist seit 25 Jahren an der Macht, und ich sehe keine Veränderung», beklagte sich der 30-jährige Jacob Maretlwa, Vater von zwei Kindern, der in einer Hütte im Ort Coligny im Nordwesten des Landes lebt.
Zwischen 48 Parteien können die Südafrikaner wählen. Die wichtigsten Oppositionsparteien sind die Demokratische Allianz (DA) und Kämpfer für wirtschaftliche Freiheit (EFF). Die DA gilt als Partei der weissen Mittelschicht, 2015 gelangte mit Mmusi Maimane erstmals ein Schwarzer an ihre Spitze.
Umfragen zufolge kann die DA nur mit leichten Zuwächsen im Vergleich zu ihrem letzten Wahlergebnis von 22 Prozent im Jahr 2014 rechnen. «Stimmt für die Zukunft dieses Landes und für die Südafrikaner, die arbeitslos sind», rief Maimane die Bevölkerung nach seiner Stimmabgabe in Soweto auf.
Die EFF, die vor sechs Jahren vom Vorsitzenden der ANC-Jugendorganisation, Julius Malema, gegründet wurde, könnte hingegen deutlich zulegen: von 6,3 Prozent im Jahr 2014 auf elf Prozent. «Viele Menschen sind gestorben, damit wir wählen können. Wir sind hier, um ihr Andenken zu ehren», erklärte Malema am Wahltag in Seshego im Osten des Landes.
Die Partei ist vor allem für junge und arme Südafrikaner attraktiv. Im Wahlkampf warb sie damit, Ländereien der Weissen zu beschlagnahmen und Schwarzen zu geben.
Um 21.00 Uhr MESZ schliessen die Wahllokale. Erste Hochrechnungen werden für Donnerstag erwartet, das offizielle Ergebnis wird am Samstag bekannt gegeben. Anschliessend wählt das Parlament den Präsidenten aus den Reihen der stärksten Partei. Der neue Staatschef wird am 25. Mai vereidigt.