US-Demokraten hoffen auf Anti-Trump-Welle
Das Wichtigste in Kürze
- Alle 435 Sitze im Repräsentantenhaus werden neu besetzt sowie 35 der 100 Sitze im Senat.
- Die Demokraten hoffen darauf, zumindest eine der Kongresskammern zu erobern.
Zur Halbzeit der Amtsperiode von Donald Trump wird der US-Kongress neu gewählt. Für den weiteren Verlauf seiner Präsidentschaft sind die Wahlen am 6. November von fundamentaler Bedeutung.
Wer und was gewählt wird
Alle 435 Sitze im Repräsentantenhaus werden neu besetzt sowie 35 der 100 Sitze im Senat. Bislang beherrscht Trumps Republikanische Partei beide Kammern.
Im Repräsentantenhaus haben die Republikaner 236 Mandate, die oppositionellen Demokraten 193. Sechs Sitze sind wegen fünf Rücktritten und eines Todesfalls derzeit unbesetzt.
Einer der vakanten Plätze ist den Demokraten bereits sicher. Ihre Kandidatin Rashida Tlaib aus dem Bundesstaat Michigan hat keinen republikanischen Konkurrenten und wird als erste Muslima in den Kongress einziehen. Unter dem Strich müssen die Demokraten also 24 zusätzliche Mandate für die Mehrheit gewinnen.
Im Senat haben die Republikaner hingegen nur eine hauchdünne Mehrheit von 51 der 100 Sitze. Allerdings gehören von den 35 zur Wahl stehenden Mandaten 26 bislang der Opposition. Für die Mehrheit muss sie diese Sitze möglichst allesamt verteidigen sowie den Republikanern mindestens zwei Mandate abringen.
Was die Experten vorhersagen
Die Wahlen dürften in hohem Masse zur Abstimmung über Trump werden, der die US-Bevölkerung polarisiert wie selten zuvor ein Präsident. Die Hoffnungen der Demokraten werden durch Trumps schwache Zustimmungswerte beflügelt. Laut der Website «realclearpolitics» sehen derzeit im Schnitt aller Umfragen etwa 41 Prozent seine Amtsführung positiv.
Die Befragungen und Analysen geben den Demokraten denn auch gute Chancen, zumindest das Repräsentantenhaus zu erobern. Nach einer Analyse des Webmagazins «Politico» sind 60 der bisherigen republikanischen Mandate in akuter Gefahr.
Die Eroberung des Senats galt indessen bis vor Kurzem als fast unlösbare Aufgabenstellung für die Demokraten. Ihre Chancen scheinen allerdings zuletzt gewachsen zu sein.
Zwar sieht der auf Wahlanalysen spezialisierte «Cook Political Report» fünf ihrer Senatssitze auf der Kippe - den Demokraten ist also nicht einmal die Verteidigung ihrer bisherigen Sitzzahl sicher. Andererseits haben sie realistische Chancen auf vier bisher republikanische Mandate in den Bundesstaaten Arizona, Nevada, Tennessee und Texas.
Besonders der Umstand, dass der Senatssitz des republikanischen Ex-Präsidentschaftsbewerbers Ted Cruz aus Texas zuletzt ins Wackeln geraten ist, alarmiert die Republikaner. Sein laut den Umfragen erstarkter Rivale Beto O'Rourke ist bereits zum Hoffnungsträger der Demokraten avanciert.
Was auf dem Spiel steht
Schon mit Eroberung nur einer Kongresskammer könnten die Demokraten Trump das Regieren massiv erschweren. Für Gesetze wird die Zustimmung beider Häuser gebraucht. Die Demokraten könnten also viele Vorhaben der Republikaner und des Präsidenten blockieren.
Ihre Macht könnten sie zudem nutzen, um die parlamentarischen Untersuchungen zur Russland-Affäre - also möglicher Kungelei zwischen Trumps Wahlkampfteam und Moskau - zu verschärfen.
Sogar ein Amtsenthebungsverfahren («Impeachment») gegen Trump wäre nicht mehr völlig unrealistisch. Für dessen Einleitung reicht die einfache Mehrheit im Repräsentantenhaus. Um den Präsidenten am Ende abzusetzen, ist allerdings eine Zweidrittelmehrheit im Senat nötig. Trump setzt indessen im Wahlkampf darauf, dass das «Impeachment»-Szenario ihm hilft, seine Basis zu mobilisieren.
Die Demokraten wiederum hoffen, dass ein Triumph bei den Halbzeitwahlen ihnen Schwung bis zur Präsidentenwahl 2020 verleiht. Aus den Resultaten ihrer Kongresskandidaten werden sie herauszulesen versuchen, welche Strategie und welcher Präsidentschaftskandidat die grössten Chancen auf das Weisse Haus eröffnen.
Allerdings kann es gut sein, dass sie nach dem 6. November nicht schlauer sind als vorher. Denn Chancen auf ein Mandat haben demokratische Kongresskandidaten mit höchst unterschiedlichem Profil. Das Spektrum reicht von der jungen Latina und «demokratischen Sozialistin» Alexandria Ocasio-Cortez aus New York bis hin zu Moderaten wie dem Texaner O'Rourke.