Versammlung in Chile beginnt mit Ausarbeitung einer neuen Verfassung
Die Ausarbeitung einer neuen Verfassung in Chile hat am Sonntag von Tumulten begleitet begonnen.
Das Wichtigste in Kürze
- Eröffnungssitzung von Protesten begleitet.
Die Eröffnungssitzung der verfassunggebenden Versammlung in Santiago de Chile musste wegen Protesten vorübergehend unterbrochen werden, wie die Berichterstatterin des für Wahlen zuständigen Gerichts, Carmen Gloria Valladares, mitteilte. «Wir wollen eine Feier der Demokratie und keine Probleme, deshalb werden wir die Sitzung vorübergehend unterbrechen.»
Bei Demonstrationen vor dem ehemaligen Parlamentsgebäude kam es zu Zusammenstössen zwischen Protestierenden und der Polizei. Ein Teil der 155 Mitglieder der Versammlung ging auf die Strasse, um den Rückzug der Spezialkräfte aus dem Stadtzentrum zu fordern.
Das historische Gremium wird in den kommenden Monaten eine neue Verfassung ausarbeiten. Die Abschaffung der bisherigen Verfassung zählte zu den zentralen Forderungen bei den Massenprotesten ab Oktober 2019. In einem historischen Referendum hatten im Oktober 2020 mehr als drei Viertel der Wahlberechtigten in dem südamerikanischen Land dafür gestimmt, dass es eine neue Verfassung geben soll.
Die aktuelle Verfassung stammt aus dem Jahr 1980 und damit noch aus der Zeit des Diktators Augusto Pinochet (1973-90). Sie wird von vielen Chilenen für die tiefe Kluft zwischen Arm und Reich verantwortlich gemacht. Die neue Verfassung muss innerhalb von neun Monaten ausgearbeitet werden, mit einer möglichen Verlängerung um maximal drei Monate. 2022 wird in einem Referendum darüber abgestimmt.
Die 155 Delegierten waren im Mai aus mehr als 1300 Kandidaten gewählt worden. Dabei kamen unabhängige Kandidaten auf rund 40 Prozent der Stimmen. Die traditionellen politischen Parteien erlitten hingegen eine Niederlage. 17 Sitze sind Vertretern der indigenen Bevölkerung vorbehalten. Das Gremium ist zudem paritätisch besetzt - das heisst, es sind ebenso viele Männer wie Frauen vertreten.
Die neue Verfassung bedarf einer Zwei-Drittel-Mehrheit in der verfassunggebenden Versammlung, bevor die Bevölkerung in einem Referendum über sie abstimmt. Keine der traditionellen politischen Parteien verfügt über die nötige Mehrheit, um ein Veto einzulegen.