Wahl-Farce in Kambodscha - Dauerherrscher bereitet Nachfolge vor
Kambodscha wählt am Sonntag ein neues Parlament. Doch eine Wahl ist es eigentlich nicht. Hun Sen nutzt die Wahl, um seine Nachfolge vorzubereiten.
Das Wichtigste in Kürze
- Kambodscha wählt ein neues Parlament, doch die Wahl ist eine Farce.
- Oppositionelle sind verboten. Kambodscha wird zum Einparteienstaat.
- Hun Sens Sohn wird seit Jahren als Nachfolger aufgebaut.
Im Königreich Kambodscha hat das Volk am Sonntag ein neues Parlament gewählt. Das Scheinvotum diente aber lediglich dazu, die Macht von Langzeit-Ministerpräsident Hun Sen zu zementieren – Menschenrechtler sprachen schon im Vorfeld von einer Farce.
Denn eine Wahl haben die fast zehn Millionen Wahlberechtigten in dem südostasiatischen Land schon lange nicht mehr: Der 70-Jährige und seine Kambodschanische Volkspartei (CPP) lassen Parteien, die den Widerstand wagen, regelmässig unter haarsträubenden Vorwänden verbieten. Oppositionelle sind in Haft oder ins Exil geflohen.
Sohn soll Nachfolger werden
Hun Sen, der einst unter Diktator Pol Pot für die brutalen Roten Khmer gekämpft hatte und später zu den Vietnamesen übergelaufen war, klebt in dem südostasiatischen Land schon seit fast 40 Jahren am Chefsessel. Damit ist er einer der am längsten amtierenden Regierungschefs der Welt. Unterstützt wird er vom mächtigen China, das den armen Handelspartner mit riesigen Investitionen überschüttet, dafür aber absolute Gefolgschaft fordert.
Um den Machterhalt zu sichern, baut Hun Sen seit Jahren seinen ältesten Sohn zum Nachfolger auf. General Hun Manet (45), der die US-Militärakademie West Point besucht und im Westen studiert hat, ist bei der Jugend aber ziemlich beliebt. Der Think Tank Lowy Institute beschrieb ihn als «gebildet, gut erzogen, zugänglich und sogar nett».
Wann sein Vater ihm das Amt überträgt, ist noch nicht klar – aber es könnte bald sein. Fragen von Journalisten, ob sich dann etwas ändert, wollte der Sohn am Wahltag nicht beantworten. Auf Facebook hat Hun Manet aber immerhin 1,2 Millionen Follower.
Bizarre Wahl auf Facebook
Apropos Facebook: In einer auf dem sozialen Netzwerk übertragenen Rede hatte Hun Sen die Opposition im Januar vor eine bizarre Wahl gestellt: «Es gibt nur zwei Möglichkeiten: erstens das Rechtssystem, zweitens den Stock. Was davon wollt ihr?»
Wenige Tage setzte er nach: «Ihr seid Fische in einem Tank. Ich kann Euch jederzeit das Genick brechen und Euch fressen.» Facebook empfahl eine Suspendierung des Accounts.
Hun Sen verwies darauf wütend Vertreter des Mutterkonzerns Meta des Landes. Mittlerweile ist seine Seite aber wieder online.
Touristisch ist Kambodscha für die faszinierenden Tempelanlagen von Angkor weltberühmt. Politisch ist das Land hingegen schon längst ein Einparteienstaat – alle anderen teilnehmenden Parteien sind entweder mit der CPP verbündet oder unbedeutend klein.
Und an der Situation wird sich auch so bald nichts ändern: Im Mai hat das Verfassungsgericht die Zulassung der beliebten Candlelight Party zur Wahl verboten – wegen eines angeblichen technischen Details bei der Registrierung. Es war die einzige verbliebene Oppositionspartei mit Chancen auf einen grösseren Stimmenanteil. Zahlreiche Mitglieder wurden seither festgenommen, andere flohen ins Ausland. Die Candlelight Party war die Nachfolgepartei der 2017 verbotenen Kambodschanischen Nationalen Rettungspartei (CNRP).
Opposition chancenlos
Der frühere CNRP-Vorsitzende Kem Sokha wurde im März wegen Hochverrats zu 27 Jahren Hausarrest verurteilt. Noch im Februar hatte sich Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier in der Hauptstadt Phnom Penh demonstrativ mit Sokha getroffen, um Forderungen nach einer Wahrung der Menschenrechte Nachdruck zu verleihen. Kritik aus dem Westen sieht der autokratische Hun Sen aber gar nicht gern.
Vor wenigen Wochen liess er nun das Wahlrecht so verändern, dass die Opposition auch in Zukunft chancenlos bleibt: Demnach wird jeder, der das Votum boykottiert hat, bei künftigen Wahlen von einer Kandidatur ausgeschlossen.
Auch Aufrufe zu einem Wahlboykott oder der Versuch, einen Stimmzettel ungültig zu machen, werden bestraft. Hintergrund: Eine hohe Wahlbeteiligung soll Hun Sens Machterhalt legitimieren. Die Organisation Human Rights Watch brachte es auf den Punkt: «Es ist eine Farce. Nichts an diesen Wahlen ist fair oder gerecht.»