Wann kommt der «Partygate»-Bericht? Zeit spricht für Johnson
Gespannt wird auf den Bericht zur «Partygate»-Affäre von Boris Johnson gewartet. Doch die Zeit spricht mittlerweile für sich.
Das Wichtigste in Kürze
- Die Berichte zu den Lockdown-Partys werden weiterhin gespannt erwartet.
- So wie es aussieht, spricht die Zeit für den Premierminister Boris Johnson.
Wegen der «Partygate»-Affäre zeigen parteiinterne Gegner von Boris Johnson immer deutlicher Gesicht. Die Zeit spricht aber derzeit für den britischen Premierminister. Mit dem Aussenexperten Tom Tugendhat, einem Johnson-Kritiker, warf ein bekannter Tory seinen Hut für eine Nachfolge in den Ring. Auch vom früheren Brexit-Minister David Frost kommt immer lautere Kritik an Johnsons Kurs.
Er hat aber bisher noch keine Kandidatur angekündigt. Es wird damit gerechnet, dass sich weitere Kandidaten erklären, sobald der erwartete interne Untersuchungsbericht zu dem Skandal publik wird. Ein Datum für die Veröffentlichung ist nach wie vor nicht bekannt.
Allerdings wird der Report der Spitzenbeamtin Sue Gray aller Voraussicht nach zunächst nur in einer stark zensierten Version erscheinen. Das hängt mit Ermittlungen der Londoner Polizei zusammen. Die Behörde bat darum, «nur minimalen Bezug auf die Veranstaltungen zu nehmen, die von der Metropolitan Police untersucht werden».
Met Police lehnte Ermittlungen ab
Damit solle «jegliche Voreingenommenheit» bei den Ermittlungen verhindert werden. Die Opposition forderte Downing Street auf, den Bericht dennoch vollständig zu veröffentlichen. Der Chef der Liberaldemokraten, Ed Davey, warnte, die Polizei verspiele Vertrauen.
Die Met Police hatte wochenlang abgelehnt, in der Affäre zu ermitteln. Nun kündigte sie doch Ermittlungen an - als Grays Bericht kurz vor der Übergabe stand. Justizexperten zeigten sich erstaunt über die Zensurbitte der Polizei. Die interne Ermittlerin Gray schildere lediglich Fakten.
Für Johnson dürfte die Verzögerung eine willkommene Nachricht sein. Bei der polizeilichen Ermittlung könnte es später lediglich darum gehen, ob Beteiligte Bussgelder zahlen müssen. Damit wäre die Sprengkraft beider Untersuchungen, von denen nicht weniger als Johnsons politisches Überleben abhängt, deutlich abgeschwächt. Auch eine Revolte in seiner Fraktion würde damit unwahrscheinlicher.
Johnson streitet alles ab
Johnson hatte bislang so gut wie alle Fragen zu den Partys unter Verweis auf die laufenden Untersuchungen abgeschmettert. Er hatte jegliche Kenntnis von Lockdown-Verstössen abgestritten. Regierungsmitarbeiter und auch Johnson sollen aber während der Pandemie mit Feiern die eigenen Regeln missachtet haben.
Sollte sich das bestätigen, gilt ein Misstrauensvotum gegen Johnson als wahrscheinlich. Für dieses müssten sich mindestens 54 Tory-Abgeordnete schriftlich gegen ihn positionieren. Als Favoriten auf eine Nachfolge gelten bisher Aussenministerin Liz Truss und Finanzminister Rishi Sunak. Beide streiten bisher öffentlich alle Ambitionen ab.
Der Johnson-Kritiker Tugendhat sagte dem Sender Times Radio, das Amt des Premierministers bedeute ein «gewaltiges Privileg». «Es muss einem nicht peinlich sein, wenn man seinem Land dienen will», sagte Tugendhat.
Steuererhöhungen bekommen Kritik
Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses hat als Soldat in Afghanistan gedient. Er kritisiert den überstürzten Abzug britischer Truppen aus dem Land wiederholt scharf. Ex-Brexit-Minister Frost kritisierte die von Johnson abgesegneten enormen Steuererhöhungen.
Es wurde erwartet, dass der Premier zumindest die geplante Anhebung des Sozialversicherungsbeitrags streichen könnte, um parteiinterne Kritiker zu besänftigen. Doch Johnson betonte in einem gemeinsamen Gastbeitrag mit Finanzminister Sunak in der «Sunday Times»: Die Erhöhung um 1,25 Prozent sei nötig, um den enormen Rückstau an Operationen aufzulösen und Zehntausende neue Pflegekräfte zu finanzieren. Dass Johnson diese Pläne bestätigte, gilt als Zeichen, dass er seine Position wieder deutlich gefestigter sieht.