Berger (FDP): Velohauptrouten sind in Bern bereits hoch priorisiert
Oliver Berger (FDP) spricht im Interview über eine höhere Priorisierung der Velohauptrouten in der Stadt Bern. Er fordert eine Entflechtung des Verkehrs.
Das Wichtigste in Kürze
- Der Berner Stadtrat bespricht am 14. März eine höhere Priorisierung der Velohauptrouten.
- Gefordert wird dies von einem Postulat des Grünen Bündnisses.
- Für Oliver Berger (FDP) ist die aktuelle Situation ausreichend.
Velohauptrouten sollen in der Stadt Bern höher priorisiert werden. Dies fordert ein Postulat des Grünen Bündnisses, das am 14. März im Stadtrat behandelt wird.
Nau.ch hat bereits mit Michael Ruefer (GFL), Katharina Gallizzi (GB), Michael Sutter (SP) und Alexander Feuz (SVP) gesprochen. Während Links-Grün klar für einen stärkeren Veloausbau ist, lehnt die SVP das Vorhaben ab. Für Oliver Berger (FDP) sind die Velohauptrouten bereits genügend hoch priorisiert.
Nau.ch: Fordern Sie eine höhere Priorisierung der Velohauptrouten?
Oliver Berger: Ich fahre oft Velo innerhalb der Stadt, daher sind mir sichere und gute Verbindungen ein Anliegen. Die Velohauptrouten sind in Bern bereits hoch priorisiert, das ist aus meiner Sicht ausreichend. Aus meiner Sicht ist ein konstruktives Miteinander oder Nebeneinander der verschiedenen Verkehrsträger wichtig.
«Die Velohauptrouten dürfen nicht als politischer Trojaner instrumentalisiert werden»
Nach Möglichkeit sollen die Verkehrsträger entflochten und insbesondere die VSS-Normen eingehalten werden. Etwaige Unfallschwerpunkte sollte man zudem genauer prüfen. Wichtig scheint mir auch, dass durch die Velostreifen die Kernfahrbahn nicht in dem Ausmass beschränkt wird, dass zusätzliche Konfliktsituationen entstehen. Die Velohauptrouten dürfen daher nicht als politischer Trojaner instrumentalisiert werden, um möglichst viele Automobilistinnen und Automobilisten zu vergrämen.
Nau.ch: Welche Lehren ziehen Sie aus den bestehenden Velohauptrouten, die Sie bei künftigen Projekten anders angehen wollen?
Berger: Bei den Velorouten ist in der Regel nicht der Längs-, sondern der Querverkehr konfliktbelastet. Es geht aus meiner Sicht darum, die Routen so zu wählen, dass sie auf einer verkehrsarmen Nebenstrasse konzipiert werden und die Vortrittregime klar und eindeutig sind.
«Die Verkehrsträger sind zu entflechten»
Die Verkehrsträger sind zu entflechten und insbesondere bei den Knoten, also Kreuzungen, Kreisel und so weiter, muss man entsprechende flankierende Massnahmen wie Lichtsignale oder Bypass-Möglichkeiten vorsehen. Die Verkehrssituationen müssen eindeutig lesbar sein, damit es keine «bösen» Überraschungen gibt und zusätzliche Unfallschwerpunkte entstehen.
Nau.ch: Bis 2030 soll ein Veloanteil von 30 Prozent (das offizielle Ziel der Stadt Bern sind 20 Prozent, Anm. d. Red.) am Gesamtverkehr der Stadtbevölkerung erreicht werden (heute rund 20 Prozent). Sehen Sie die angestrebten 30 Prozent als realistisch?
Berger: Der Anteil der Velofahrenden in der Stadt Bern ist schon heute hoch. 30 Prozent scheint mir aber eher zu hoch zu sein. Da wir in Bern eine andere Topografie haben oder auch andere Witterungsbedingungen als beispielsweise in Amsterdam, erscheint dieses Ziel weniger realistisch.
Zudem steht der Langsamverkehr in der Tendenz eher in Konkurrenz zum ÖV als zum Individualverkehr. Eine weitere Förderung des Veloverkehrs würde eher zulasten des ÖV gehen und hier stellt sich die Frage, ob das politisch so gewollt ist. Die beste Veloförderung ist aus meiner Sicht eine sicherere und entflochtene Veloinfrastruktur.
«Planungen der Stadt scheinen mir derzeit zweckmässig»
Nau.ch: Wo sind zukünftige weitere Velohauptrouten geplant und welche davon erachten Sie als besonders sinnvoll?
Berger: Die Planungen der Stadt scheinen mir derzeit zweckmässig, ich sehe keinen zusätzlichen Handlungsbedarf. Grundsätzlich macht eine Velohauptroute dort Sinn, wo es darum geht, grössere Pendlerströme aus den Aussenquartieren oder der Agglomeration mit dem Stadtzentrum zu verbinden. Das ergibt im Idealfall eine Art sternförmiges Velonetz.
Nau.ch: Welche sonstigen Massnahmen schlagen Sie vor, um die Verkehrssituation in Bern zu verbessern?
Berger: Die Verkehrssituation in Bern ist aus meiner Sicht bereits gut, der Modal-Split, sprich die Verkehrsmittelwahl und Verteilung des Verkehrs auf die verschiedenen Verkehrsmittel, ist fortschrittlich.
Es ist sicher angezeigt, die Unfallschwerpunkte in der Stadt fortlaufend zu analysieren und dort wo nötig und sinnvoll punktuell korrigierend einzugreifen. Bei neuen Bau- und Verkehrsvorhaben wäre es zudem ratsam, ein Road-Safety-Audit durchzuführen, damit keine zusätzlichen Konfliktpunkte entstehen.
Ansonsten vertraue ich grundsätzlich auf die Eigenverantwortung unserer Bevölkerung und sehe keine weiteren staatlichen Massnahmen als notwendig. Wichtig scheint mir aber als Velofahrer nochmals zu betonen, dass wir alle, also auch die Velofahrenden, verantwortlich sind, die Verkehrsregeln einzuhalten und uns selbst zum Beispiel mit einem Helm und angepasster Fahrweise vor Risiken zu schützen.
Zur Person: Oliver Berger (*1975) ist Berner FDP Stadtrat. Er ist Leiter NPO & Gesundheitswesen bei der BDO AG (Unternehmensberater) sowie freier Film- und Fernsehmacher.