Bevorteilte SRF Rundschau Maillard vor SGB-Wahl?
Die «Rundschau» berichtet kurz vor der Wahl zur Neubesetzung des Gewerkschafts-Präsidiums ausführlich über einen Kandidaten. Seine Herausforderin fehlt. Warum?
Das Wichtigste in Kürze
- Am Samstag besetzt der Schweizerische Gewerkschaftsbund sein Präsidium neu.
- In der «Rundschau» wird ausführlich berichtet – aber nur über Kandidat Maillard.
- Herausfordererin Barbara Gysi wurde für die Sendung gar nicht angefragt.
Am kommenden Samstag wird das Präsidium des Schweizerischen Gewerkschaftsbundes (SGB) neu vergeben. Zur Wahl stehen die St. Galler SP-Nationalrätin Barbara Gysi (54) und der Waadtländer SP-Regierungsrat Pierre-Yves Maillard (50).
Mit der Unia hat Maillard die Unterstützung der grössten Gewerkschaft im Rücken. Frauenorganisationen hingegen fordern endlich eine Frau an der Gewerkschafts-Spitze. Denn das gab es – abgesehen von einem Co-Präsidium mit Christiane Brunner – in der Geschichte des SGB noch nie.
SRF berichtet nur über einen Kandidaten
So kommt es nun zu einem Kopf-an-Kopf Rennen zwischen den beiden Kandidaten, bei dem jedes Detail und jeder Auftritt einiges an Gewicht bekommen kann. Gestern Mittwoch, wenige Tage vor dem grossen Entscheid, hat sich nun die «SRF-Rundschau» dem Thema angenommen. In einem fast zehnminütigen Beitrag wird Kandidat Maillard vorgestellt. Man sieht ihn mal kollegial bei der Arbeit, mal stolz am Fussballmatch seines Sohnes und immer äusserst charmant und nah an den Menschen.
Zurück im Studio begrüsst Moderator Sandro Brotz nun nicht Maillards Herausfordererin Barbara Gysi, sondern die SP-Frauen Co-Präsidentin Natascha Wey. Wollte Gysi nicht zum Live-Talk erscheinen? Brotz verliert dazu kein Wort.
«Das war jetzt der Werbespot»
Nau hat darum bei Gysi direkt nachgefragt. «Ich wurde von der Rundschau nicht angefragt», sagt sie. An ihrer statt erklärte nun Natascha Wey, warum Kollegin Gysi die richtige Wahl für das SGB-Präsidium wäre. «Sie soll nicht nur gewählt werden, weil sie eine Frau ist. Da wird man ihr nicht gerecht. Sie hat viel Erfahrung in der Gewerkschaftsbewegung, sie ist gut vernetzt und präsidiert im Moment einen SGB-Verband», erklärt Wey.
Das Gespräch geht mit Fragen und Antworten noch knappe zwei Minuten weiter, dann befindet SRF-Mann Brotz: «Das war jetzt der Werbespot für Frau Gysi» – und schreitet weiter zum nächsten Thema. Der lange, persönliche Beitrag über Maillard, das verkürzte Gespräch mit Wey über Gysi und deren Nicht-Einladung in die Sendung lässt die Frage offen: Ist das SRF parteiisch?
SRF hatte anderes «Gesamtkonzept»
Zumindest SP-Nationalrat Cédric Wermuth wittert Ungerechtigkeit – und tut dies auf Twitter kund. Konter gibt es dazu von CVP-Präsident Gerhard Pfister. Und das SRF selber? Wollte «die Gesprächsanlage der Theke journalistisch breiter fassen» und um «den Geschlechterkampf bei den Linken, die weiblichen Bundesrats-Kandidatinnen sowie um die Frauenförderung in der Politik insgesamt» erweitern, erklärt Rundschau-Redaktionsleiter Mario Poletti gegenüber Nau.
Eine qualifizierte Frau als SR verhindern. Weil mann selbst will. Sich selbst gleichzeitig das richtige feministische Bewusstsein attestieren. Und dann SRF kritisieren, das im gleichen Spital krank ist und auch ein Frauenproblem hat. So was kriegt nur Wermuth hin. https://t.co/9yIn7CcqUh
— Gerhard Pfister 🤍💙💛 (@gerhardpfister) November 29, 2018