Fifa: «Davon profitieren alle Beteiligten»
Die Fifa hat der Stadt Bern Darlehen in der Höhe von rund 1,8 Milliarden Franken gewährt. CFO Thomas Peyer ist überzeugt: «Davon profitieren alle Beteiligten.»
Das Wichtigste in Kürze
- Die Stadt Bern hat Darlehen in Höhe von rund 1,8 Milliarden Franken von der Fifa erhalten.
- Der Weltfussballverband betont: Zahlreiche Gemeinden profitieren von diesem Angebot.
- Auf diese Weise kämen die Gemeinden unter bestmöglichen Konditionen an benötigte Gelder.
Die gebeutelten Finanzen der Stadt Bern benötigen periodisch kurzfristige Zuschüsse, um ihre Liquidität zu gewährleisten. So nimmt die Bundesstadt regelmässig grössere Darlehen bei Fremdkapitalgebern auf – auch bei der Fifa.
Auf Anfrage von Nau.ch bestätigt die Stadtberner Direktion für Finanzen: Insgesamt seien Darlehen in der Höhe von 1,8 Milliarden Franken vom Weltfussballverband in die Berner Stadtkasse geflossen. Die Bundeshauptstadt hat den Verein unter der Leitung von SP-Finanzdirektor Michael Aebersold im Prinzip über Jahre hinweg als Bank benutzt.
Bern habe seit 2017 insgesamt 21 kurzfristige Darlehen in der Höhe von knapp einer Milliarde Franken beim Weltfussballverband aufgenommen. Dazu kämen 14 kurzfristige Fremdfinanzierungen für stadteigene Anstalten und Sonderrechnungen mit einem zusätzlichen Umfang von rund 800 Millionen Franken.
Fifa: Lukratives Geschäft für alle Beteiligten
Gegenüber Nau.ch betont Thomas Peyer, seines Zeichens CFO beim Weltfussballverband, dass alle beteiligten Parteien von dem Geschäft profitieren würden. Gemeinden mit Finanzierungsbedarf suchen auf den Fremdkapitalmarkt-Plattformen «Loanboox» und «Cosmofunding» nach passenden Investoren, um Liquiditätsengpässe zu umgehen.
Die Fifa wiederum profitiere aufgrund ihres Geschäftsmodells von dem kurzfristigen Horizont dieser Investitionsmöglichkeiten. Überdies seien Darlehen für Schweizer Gemeinden Investitionen mit «vergleichsweise tiefem Risiko» – was bestens in die konservative interne Anlagestrategie passe.
An dieser Stelle erklärt Peyer: Der Fussballverband mache einen Grossteil seiner Profite während den Grossanlässen, die lediglich alle vier Jahre stattfinden. Die restliche Zeit überwiege entsprechend der Geldabfluss. Um die Liquidität des Verbands im Falle eines Turnierausfalles gewährleisten zu können, müsse er deshalb jederzeit erhebliche Mittel bereithalten.
Viele Gemeinden profitieren
Tatsächlich bestätigt die Finanzdirektion der Bundeshauptstadt diese Tendenz: Man profitiere in diesem Fall von «guten Konditionen». Ferner ist Bern längst nicht die einzige Gemeinde, die beträchtliche Darlehen vonseiten des Weltfussballverbands erhielt: Auch Winterthur hatte von dieser Möglichkeit bereits Gebrauch gemacht, gleiches gilt für die Zürcher Seegemeinden Meilen, Zumikon und Wädenswil.
Über weitere Darlehensnehmer wollte Peyer auf Anfrage jedoch keine Angaben machen. Es handle sich um bilaterale Geschäfte zwischen zwei Parteien. Die Namen der Geschäftspartner unilateral und ohne vorherige Absprache zu publizieren, wäre eine Verletzung der Berufsethik.
Juristisch im grünen Bereich
Zumindest juristisch bewegt sich die Stadt Bern mit der Kreditaufnahme im grünen Bereich. Die Richtlinien zur Vermögens- und Schuldenverwaltung der Stadt beinhalten derzeit keinerlei Bestimmungen, die entsprechende Kredite verbieten würden. Vorgeschrieben ist lediglich, dass der Gerichtsstand des Kapitalgebers in der Schweiz liegt und der Kredit in Schweizer Franken ausgegeben wird. Überdies sei stets das «preisgünstigste Angebot» zu berücksichtigen.
Auch die Fifa versichert gegenüber Nau.ch: «Das ganze Geschäft läuft hochprofessionell über diskretionäre Anlagemandate.» Dabei hebt Peyer hervor, dass es keinerlei Interessensinput vonseiten des Fussballverbands gebe.
«Die Investitionen werden von Experten innerhalb klar definierter Parametern, aber ohne Einflussnahme auf die Gegenpartei abgewickelt.» Auch das Geldwäschereigesetz komme in diesem Falle nicht zum Zug: «Die Fifa investiert lediglich ihre eigenen Gelder, so wie das tausende andere Unternehmen auch tun.»
Künftig sollen ethische Kriterien berücksichtigt werden
Im Kontext der Fussballweltmeisterschaft in Katar ist die Fifa leider auch regelmässig mit Negativschlagzeilen in Erscheinung getreten. Sowohl die Nachhaltigkeit des Grossanlasses als auch die Arbeitsbedingungen im Gastgeberland sorgten wiederholt für rote Köpfe – insbesondere bei Sozialdemokraten.
Dass die Finanzdirektion ausgerechnet unter sozialdemokratischer Leitung beim Weltfussballverband Darlehen in Milliardenhöhe aufnimmt, wirft also durchaus gewisse Fragen auf. Aus diesem Grund werde man in Zukunft prüfen, wie bei der Vermögens- und Schuldenverwaltung ethische Kriterien berücksichtigt werden könnten.
Auch Peyer räumt ein, es habe bereits potenzielle Darlehensnehmer gegeben, die das Geld vom Fussballverband nicht annehmen wollten. Insgesamt würden viele Gemeinden allerdings davon profitieren, dass die Nische des Fremdkapitalmarktes auch für andere Marktteilnehmer als Banken offenstehe. Er ist überzeugt: «Das ist ein Vorteil für alle: So kommen die Gemeinden unter den bestmöglichen Konditionen zum benötigten Geld.»
Ferner verweist der CFO auf die wirtschaftliche Wertschöpfung der Fifa in der Schweiz: Diese belaufe sich auf rund 350 bis 400 Millionen Franken. Die überwiegende Mehrheit dieser Gelder stamme aus dem Ausland. Dass der Weltfussballverband dieselben in der Eidgenossenschaft aufwende, sei ein klarer Mehrwert für den Wirtschaftsstandort Schweiz.