Funiciello scheitert bei erster Abstimmung nach Frauenstreik

Matthias Bärlocher
Matthias Bärlocher

Bern,

Der Grosse Rat des Kantons Bern lehnt die ersten aus dem Frauenstreik heraus lancierten Vorstösse deutlich ab. SP-Politikerin Tamara Funiciello ist empört.

frauenstreik
Der Bundesplatz am Frauenstreiktag vom 14. Juni 2019. - Keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Keine Chance für Frauenstreik-Anliegen im Parlament des Kantons Bern.
  • Eine Frauenquote auf Wahllisten und ein Frauen-Feiertag werden deutlich abgelehnt.
  • Ex-Juso-Präsidentin Tamara Funiciello ist konsterniert: Selbst Linke sagten Nein.

Gleich zwei Vorstösse hat Tamara Funiciello im Anschluss an den Frauenstreik im Namen der SP-Fraktion im Berner Kantonsparlament eingereicht. Doch heute ist die ex-Juso-Präsidentin völlig konsterniert: Der Grosse Rat sagt mit zwei Dritteln der Stimmen Nein. «Wir haben hochkant verloren – ich mein, what the hell?»

Frauen-Feiertag und Quote auf Wahllisten

Der eine Vorstoss verlangte am Weltfrauentag, dem 8. März, einen Frei-Tag für alle Frauen. Die Forderung erinnert an die Forderung von Grünen-Nationalrätin Aline Trede, den 1. August zu ersetzen. Während Trede am 16. März der Einführung des Frauenstimmrechts gedenken wollte, ist das Anliegen der Berner SP-Fraktion ein anderes. Frauen sollen frei haben, weil sie nach wie vor weniger Lohn erhalten.

Juso Tamara Funiciello SP
Die zurücktretende Juso Präsidentin Tamara Funiciello kennt sich aus mit Online-Beleidigungen und Hate-Speech im Internet. - Keystone

Der andere Vorstoss wollte 50 Frauen auf allen Wahllisten. Damit sollten die Wahlchancen der häufig in der Familie und Freiwilligenarbeit engagierten Frauen erhöht werden.

Doch beide Anliegen fanden nur in der SP selbst Zustimmung, bei den Grünen noch zur Hälfte und bei allen anderen Parteien überhaupt nicht. Tamara Funiciello kann es kaum fassen: So deutlich und kompromisslos habe sie ein Nein nicht erwartet.

Tamara Funiciello: «Man nimmt Frauen nicht ernst»

Das sein nicht nur persönlich schwierig zu verarbeiten. «Schwierig ist auch, dass man die Frauen nicht ernst nimmt, die am 14. Juli auf der Strasse waren.» Sie habe ihrer Mutter vom Lohngleichheits-Vorstoss erzählt. Diese habe ungläubig den Kopf geschüttelt, weil ihre Tochter «immer noch für den gleichen Kabis kämpfen muss wie wir».

Dabei seien die Forderungen nicht mal radikal, findet Funiciello. Die Stadt Bern kenne den Frauen-Feiertag bereits. Und die Wahllistenquote von 50 Prozent heisse ja nicht, dass diese Frauen alle gewählt würden. «Die haben doch Angst um den eigenen Platz», ist Funiciellos Schlussfolgerung für die vielen Nein-Stimmen.

Gekommen, um nicht zu bleiben

Stattdessen werde argumentiert, es gebe bessere Mittel und Wege für mehr Gleichstellung. «Die genau gleichen Leute lehnen dann aber einen Elternurlaub ab», klagt Funiciello – gerade heute, mit 61 zu 83 Stimmen.

Komme dazu, dass der Feiertag nur so lange bestehen bliebe, bis Lohngleichheit hergestellt sei: «Auch die Quoten sind da, um wieder abgeschafft werden.» Insgesamt gehe es nicht um kleine Beträge, betont Funiciello. «Frauen haben deswegen 108 Milliarden Franken weniger auf dem Konto – das ist fast das doppelte Bundesbudget

An die Adresse derjenigen, die nach 38 Jahren Gleichstellungs-Artikel sagten, man sei «auf gutem Weg», hat Funiciello nur eine Botschaft. «Dini Mueter. Frag dini Mueter.»

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