Die Aargauer Regierung hat mit dem Plan zur Totalrevision des seit 1948 geltenden Rheinufer-Schutzdekrets heftige Kritik ausgelöst.
Aargauer Regierungsrat
Der Aargauer Regierungsrat plant, die 72 Kilometer lange Rheinuferlandschaft besser zu schützen - wie hier bei Leibstadt, wo das AKW steht. Diese Pläne stossen auf Widerstand. - KEYSTONE/Gaetan Bally
Ad

Die Aargauer Regierung hat mit dem Plan zur Totalrevision des seit 1948 geltenden Rheinufer-Schutzdekrets heftige Kritik ausgelöst. SVP und Mitte wollen dem Kanton nicht mehr Rechte einräumen. Das Rheinufer dürfe nicht zu einem Freilichtmuseum werden. SP und GLP stützen die Regierung.

Nach 76 Jahren will der Regierungsrat das Rheinufer-Schutzdekret in einen kantonalen Nutzungsplan überführen. Es geht um einen 72 Kilometer langen Streifen entlang des Rheins – von Kaiserstuhl im Osten bis Kaiseraugst im Westen. Dieser Abschnitt mit 19 Gemeinden bildet die Landesgrenze zu Deutschland.

Der Plan soll die Ansprüche an die linke Uferlandschaft des Rheins auf eine neue Basis stellen. Das Ziel sei, auch in Zukunft einen wirksamen Schutz der wertvollen Landschaft zu gewährleisten, hiess es. Dabei sollten die Ansprüche der Gesellschaft an den Raum berücksichtigt werden.

Die Ausdehnung der Siedlungsflächen, Infrastrukturanlagen und Bauten ausserhalb der Bauzonen sowie die intensive Landnutzung haben in den letzten Jahrzehnten Spuren hinterlassen, wie es im Bericht der Kantonsverwaltung heisst.

In der Rheinlandschaft habe es einen «markanten Verlust» an naturnahen, baulich wenig belasteten, unzerschnittenen und lärmarmen Gebieten und Uferabschnitten gegeben. Dies gehe mit einem Verlust an biologischer Vielfalt, einer stärken Zerschneidung von Lebensräumen und der Eigenart der Landschaft einher.

Uferlandschaft als multifunktionaler Raum

Die Uferlandschaft sei eine natürliche Lebensgrundlage, Produktionsgrundlage für die Land- und Forstwirtschaft sowie ein Lebensraum von 65 Tieren und Pflanzen. Zugleich sei sie Raum für Energiegewinnung, Sport, Erholung und Tourismus sowie Zeugnis der Kulturgeschichte.

Doch mit seiner Absicht steht der Regierungsrat im Gegenwind. Diese kommt besonders bei SVP und Mitte nicht gut an. Die SVP will von einem kantonalen Nutzungsplan nichts wissen.

Besondere Anliegen könnten über die kommunalen Nutzungspläne geregelt werden. «Das hat bisher gut funktioniert, und es ist nicht einzusehen, weshalb via eines kantonalen Nutzungsplans die Gemeindeautonomie ausgehebelt werden soll», hält die SVP fest.

Die Mitte gibt sich zwar mit den Zielen einverstanden. Sie lehnt jedoch den umfassenden Nutzungsplan als «unnötig» ab. Das Rheinufer dürfe kein Freilichtmuseum Ballenberg werden. Der Plan auferlege den Gemeinden weitergehende Einschränkungen und lasse kaum Spielraum zu.

Zurückhaltend äussert sich die FDP zu den Plänen ihres Baudirektors Stephan Attiger. Die Totalrevision wird grundsätzlich begrüsst. Die Flächen der «Landschaft von kantonaler Bedeutung» sollten jedoch nicht bis zum Siedlungsgebiet reichen und müssten reduziert werden.

Parteien positionieren sich

Zuvor hatten sich bereits die Planungsverbände Fricktal und Zurzibiet Region Kritik angemeldet. Es bestehe keine Not für den kantonalen Plan. Die Gemeinden seien schon heute verpflichtet, das Ufer zu schützen. Die Planungsautonomie der Gemeinden dürfe nicht eingeschränkt werden.

Rückdeckung erhält die Regierung von SP und GLP. Die SP will mehr: Es brauche auch Nährstoff-Pufferzonen, um den Eintritt von Pestiziden in den Rhein zu verhindern. In mehreren Gemeinden würden intensiv bewirtschaftete Landwirtschaftsgebiete direkt auf die Uferschutz- und Gewässerzone treffen.

Die SP bemängelt, dass der neue Nutzungsplan nicht kantons- und länderübergreifend erarbeitet wird. Es sei von Interesse, welche Schutzmassnahmen in weiteren Kantonen am Rhein sowie auf der deutschen Flussseite getroffen würden, hiess es.

Die GLP unterstützt die überregionale Schutzplanung. Es gehe um eine naturverträgliche Entwicklung des Rheinufers in Zeiten der Klima- und Biodiversitätskrise und einer steigenden Zahl von Erholungssuchenden.

Noch ausstehend sind die Stellungnahmen der Grünen und der EVP.

Ad
Ad

Mehr zum Thema:

Die MitteRegierungGrüneGLPSVPEVPFDPSP