Stimmrechtsalter 16: Ebnet Zürich den Weg für nationale Regelung?
Am Abstimmungssonntag entscheidet der Kanton Zürich, ob das Stimmrechtsalter auf 16 gesenkt werden soll. Das könnte nationale Auswirkungen haben.
Das Wichtigste in Kürze
- Der Kanton Zürich stimmt über die Senkung des Stimmrechtsalters auf 16 Jahre ab.
- Die FDP, SVP und EDU stehen geschlossen gegen das Anliegen.
- Das Ergebnis wird die Diskussion über eine nationale Vorlage so oder so beeinflussen.
Am 15. Mai sind wieder einmal Abstimmungen angesagt. National kommen drei Vorlagen an die Urne, aber es gibt auch zahlreiche kantonale Abstimmungsthemen. Eines davon ist die parlamentarische Initiative für das Stimmrechtsalter 16 im Kanton Zürich.
Die Senkung des Stimmrechtsalters ist seit Jahren ein heiss diskutiertes Sujet. Immer wieder kommt es in Parlamenten aufs Tapet – immer wieder wird es verworfen. Nur im Kanton Glarus dürfen auch 16- und 17-Jährige mitbestimmen. Auf nationaler Ebene tut sich jedoch ebenfalls etwas.
SVP warnt vor «linksradikalen» Jungen
Im grössten Kanton der Schweiz kommt es also schon bald zur Abstimmung. Unter dem Motto «Demokratie-Update» hat die Allianz aus GLP, SP, Grüne, EVP, Mitte und AL ihre Kampagne lanciert. Einzig FDP, SVP und EDU lehnen das Begehren ab. Die entsprechenden Jungparteien vertreten dieselbe Meinung wie ihre Mutterparteien.
Die rechtsbürgerlichen Parteien argumentieren, dass Rechte mit Pflichten verknüpft sein müssten: Viele Pflichten, wie beispielsweise das Zahlen von Steuern, müssten erst ab 18 Jahren wahrgenommen werden.
Die SVP geht noch weiter und warnt vor einer «linksradikalen Gruppe von Minderjährigen», die über den Kanton «bestimmen» werde. Jugendliche seien «Manipuliermasse für die Linken», Bürgerliche würden also an Macht und Einfluss verlieren. Diese Behauptung wurde schon mit Umfragen widerlegt; junge Menschen fühlen sich von Polparteien, also auch der SVP, am meisten angezogen.
Jugendliche sind eine Minderheit
Die Befürworter hingegen finden, dass jüngere Altersgruppen auch ein Mitspracherecht hätten. Eine starke Polarisierung könne man auch nicht erwarten, sagt das Ja-Lager: Die 16- und 17-Jährigen, die überhaupt abstimmen und wählen könnten, würden bloss 2,4 Prozent aller Stimmberechtigten ausmachen. Von einem Kanton Zürich, der vom Klimastreik regiert würde, kann also kaum die Rede sein.
Auch die Wissenschaft unterstützt das Stimmrechtsalter 16: Gemäss Politikwissenschafter Claude Longchamp wäre es sogar ein geeignetes Mittel, um das Altersungleichgewicht bei Abstimmungen und Wahlen zu korrigieren. Es gibt auch Hinweise dafür, dass Menschen, die früh abstimmen gehen, auch später ihr Recht regelmässig wahrnehmen. Das alles würde die Demokratie stärken, argumentieren Befürworter, weil die Teilnahme an Abstimmungen steigen würde.
Egal, wie der Kanton Zürich entscheiden wird: Das Abstimmungsergebnis wird einen Einfluss auf die nationale Diskussion haben. Gegnerinnen und Gegner eines Stimmrechtsalters 16 in der Schweiz argumentierten mit den bisherigen Nein-Parolen der kantonalen Bevölkerungen. Sollte aber der bevölkerungsreichste Kanton Ja sagen, könnte das nicht einfach beiseitegeschoben werden.