Thommen (Grüne BS): «Streichung des 1. Mai verhindert keine Gewalt»
Der 1. Mai soll als Feiertag ersetzt werden, fordert eine Motion, welche im Grossen Rat von Basel-Stadt diskutiert wird. Oliver Thommen (Grüne) lehnt dies ab.
Das Wichtigste in Kürze
- Am 7. und 8. Februar sitzt der Grosse Rat von Basel-Stadt das nächste Mal zusammen.
- Eine Motion fordert das Streichen und Ersetzen des 1. Mai als Feiertag.
- Oliver Thommen (Grüne) lehnt dies ab, auch heute habe der Tag eine grosse Bedeutung.
Der Grosse Rat von Basel-Stadt wird am 7. und 8. Februar über eine Motion diskutieren, welche den 1. Mai als Feiertag streichen will. Als Ersatz soll ein anderer Tag definiert werden.
Die Motion wird unter anderem damit begründet, dass es an diesem Tag immer wieder gewalttätige Ausschreitungen gibt. Lukas Faesch (LDP) und Andrea Strahm (Die Mitte) haben sich bereits geäussert. Nun spricht Oliver Thommen (Grüne), welcher die Motion klar ablehnt, über das Geschäft.
Nau.ch: Unterstützen Sie den Vorschlag der Streichung des 1. Mai als Feiertag?
Oliver Thommen: Nein, der in der Nordwestschweiz, Frankreich und Deutschland verankerte Feiertag feiert die Arbeitnehmenden – zu denen sich auch heute noch die meisten Menschen zählen – und erinnert an die geführten und zu führenden Dispute für die Rechte der Arbeitnehmenden und die Bedeutung der Sozialpartnerschaft.
Der 1. Mai ist aber auch nicht unbedingt ein Tag, der den Gewerkschaften gehört, sondern alle können diesen Feiertag so gestalten, wie sie es wollen.
Nau.ch: Ist der 1. Mai als Feiertag in der heutigen Zeit noch zeitgemäss?
Thommen: Ja, auch heute hat die Sozialpartnerschaft eine hohe Bedeutung. Mit den neuen Kommunikationsmitteln begegnen die Arbeitnehmenden wie auch die Arbeitgebenden ganz neuen Anforderungen an den Arbeitsalltag.
Und gute Arbeitsbedingungen müssen auch heute noch ständig neu ausgehandelt werden. Deshalb haben die Arbeitnehmenden auch einen freien Feiertag verdient.
«Zerstörung von fremdem Eigentum hat keine Verbindung zum 1. Mai»
Nau.ch: In der Motion steht, dass «Linksextreme» jedes Jahr fremdes Eigentum in der ganzen Stadt beschädigen würden. Wie ordnen Sie dies ein und gibt es dazu konkrete Zahlen?
Thommen: Die Zerstörung von fremdem Eigentum hat keine Verbindung zum 1. Mai und die Reduktion des 1. Mai auf irgendwelche gewalttätigen Splittergruppen ist Polemik.
Nau.ch: Gewaltbereite Personen können sich auch an einem Nicht-Feiertag organisieren. Inwiefern soll die Streichung des 1. Mai als Feiertag Gewalt verhindern?
Thommen: Die Streichung des 1. Mai verhindert keine Gewalt.
«Das Streichen des 1. Mai ist keine Massnahme»
Nau.ch: Wie könnten Ihrer Meinung nach gewalttätige Ausschreitungen durch andere Massnahmen vermieden werden?
Thommen: Das Streichen des 1. Mai ist keine Massnahme, sondern die Aufgabe des Gewaltmonopols des Staates gegenüber gewaltbereiten Gruppen.
Es braucht aber für friedliche 1.-Mai-Feierlichkeiten auch eine klare Kante der organisierenden Organisationen gegenüber undemokratischen und gewaltbereiten Gruppierungen und den Dialog zwischen Behörden und Organisierenden, weil sonst der Staat das Gewaltmonopol durchsetzt.
Nau.ch: Welchen anderen Tag schlagen Sie vor, welcher den 1. Mai als Feiertag ersetzen könnte?
Thommen: Der 1. Mai muss nicht ersetzt werden.
Zur Person: Oliver Thommen (39) ist Grossrat und Geschäftsführer der Grünen Basel-Stadt. Er wohnt in Basel und ist im Vorstand des VPOD Region Basel tätig.