«Woke»: SVP motzt über Zuger Twitter-Aus, aber twittert selbst nicht
Der Stadt Zug hat es auf X zu viel Fake-News und Hetze. Sie sagt darum «#tschüssX». Aufschrei bei der SVP Stadt Zug – die aber selbst Twitter-abstinent ist.
Das Wichtigste in Kürze
- Die Stadt Zug zieht sich von X (vormals Twitter) zurück.
- Die Gründe sind Elon Musks «Free-Speech»-Prinzip und schlechte Followerzahlen.
- Die SVP Stadt Zug reagiert erbost, obwohl sie auch nicht viel von X hält.
«Dieser Kanal wird nicht weitergeführt», heisst es im Profil der Stadt Zug auf X (vormals Twitter). Man solle doch stattdessen den Accounts bei Instagram, Facebook oder LinkedIn folgen.
Denn, so heisst es im letzten Post: Der Stadtrat sei gegen «Fake-News, Hetze und Diskriminierung». Die SVP Stadt Zug wollte prompt in einer Anfrage wissen, was es denn damit auf sich habe. Man ahnte wohl schon, was die Antwort sein werde.
Warum nur kein X mehr?
Unter dem Titel «#tschüssX – Warum?» wollten die SVP-Gemeinderäte wissen, warum man sich ausgerechnet von der wichtigen politischen Plattform X verabschiede. Denn: «Aktive Politiker und öffentliche Körperschaften nutzen X sehr rege, um neuste Informationen zu verbreiten.»
Verwiesen wird auf andere Städte, die so auch Medienmitteilungen verbreiteten oder, wie Zürich, Notfälle kommunizierten. Klar, es gebe vor allem linke Accounts, die nach der Übernahme von Twitter durch Elon Musk abgesprungen seien. Die Begründung, die Stadt Zug ziehe sich wegen des von Musk eingeführten «Free-Speech»-Prinzips zurück, warf in der SVP Fragen auf.
X: Wenige Follower, Hetze, Fake News
Fragen, die Stadtpräsident André Wicki (SVP) und Stadtschreiber Martin Würmli (Die Mitte) ausführlich beantworteten. Die Followerzahlen auf X seien nicht gerade erbaulich, vor allem im Vergleich zu anderen Kanälen. Hinzu komme, dass es seit der Übernahme durch Musk viele Beiträge mit «Falschinformationen, Hassreden, antisemitische und extremistische Posts» gebe. Beispielsweise von Musk selbst, der gegen die «Woke»-Bewegung hetze.
Die Stadt Zug verweist auf andere Organisationen, die sich ebenfalls von X verabschiedet hätten: von Graubünden Tourismus über diverse Ämter des Kantons Zürich, der Post, der UBS, bis hin zu Disney und der EU.
Zuger SVP tobt und rückt sich selbst ins Scheinwerferlicht
Nachdem der SVP derart viele Trigger-Wörter vorgelegt worden waren, war SVP-Fraktionschef Roman Küng erst recht unzufrieden. Zug wolle «auf diesen woken Zug» aufspringen, schimpft er gegenüber «20 Minuten» und spricht von «Meinungszensur». Das Argument der Followerzahl sei lächerlich: Schliesslich habe die Stadt seit zweieinhalb Jahren nichts mehr gepostet.
Das ist allerdings korrekt: Ein einziger Post in den letzten Jahren vom Account «@stadtzug», nämlich derjenige, der sich von X verabschiedet. Zur Sicherheit ist er angeheftet, damit er ja nicht durch weitere Posts in der Timeline nach unten rutscht.
Dabei, möchte man meinen, nimmt sich die Stadt Zug lediglich ein Beispiel an SVP-Gemeinderat Roman Küng. Dieser teilt auf seiner Website mit, sie sei zurzeit inaktiv. Das ist nichts als konsequent, angesichts vieler sträflich vernachlässigter Politiker-Websites. Stattdessen ist Küng aktiv auf Facebook und Instagram – aber nicht auf X (vormals Twitter).
SVP Stadt Zug: inoffiziell inaktiv auf X
Anders die SVP Stadt Zug: Auf ihrer Webpräsenz verweist sie lediglich auf eine WhatsApp-Chatgruppe. Dabei existiert eigentlich ein X-Account der SVP Stadt Zug, die sich so enerviert über die X-Account-Sistierung der Stadt Zug. Dieser hat immerhin 112 Follower und folgt ganzen sechs anderen Accounts.
Gepostet haben die Social-Media-Verantwortlichen aber seit Oktober 2018 nichts mehr. Was uns ungemein beruhigen sollte, denn das kann ja nur eines heissen: Im Gegensatz zur Stadt Zürich hatte die SVP Stadt Zug seit fünf Jahren keine Notfälle zu vermelden.