Daimer, Audi, ICCT: Diesel-Skandal ist noch lange nicht überstanden

Michael Bolzli
Michael Bolzli

Deutschland,

Mega-Rückruf bei Daimler. Eine Razzia beim Audi-Chef. Und eine Studie mit Horror-Resultaten. Der Diesel-Skandal wird uns noch lange beschäftigen. Eine Analyse.

In der Schweiz bescheisst die Post, in Deutschland die Auto-Industrie. Knapp drei Jahre nach Aufkommen des Diesel-Skandals beim Volkswagen-Konzern muss jetzt Daimler über 770’000 Fahrzeuge zurückrufen. Schuld ist auch in diesem Fall um eine Software, die die Abgasreinigung bei Diesel-Autos ausgehebelt hat. Betrugsvorwürfe auch bei Audi. Gestern kam es darum zu einer Razzia bei Firmenchef Rupert Stadler.

Der Diesel-Ärger ist nicht vorbei, noch lange nicht. Das zeigt auch eine jüngst veröffentlichte Studie, wonach selbst neue Diesel-Autos mehr Stickoxide (NOx) in die Luft blasen als erlaubt ist. Im besten Fall sind es doppelt so viel, bei schlechten Motoren nach Euro-6-Abgasnorm ist der Stickoxid-Ausstoss gar vier Mal höher. Ein riesiges Problem, finden Ärzte.

Ein Europa-Problem

Ein Problem, dass man nur in Europa kennt. Nirgendwo sonst werden so viele Diesel-Autos verkauft. Warum? Weil die Auto-Lobby Brüssel den Selbstzünder als Lösung für CO2-Probleme angepriesen hat. Fakt ist: Diesel verbrauchen weniger Treibstoff und pusten weniger CO2 in die Luft. Verglichen mit einem Benzinmotor aber ein Vielfaches an Stickoxid.

VW Auspuff
Der Auspuff eines Autos. (Symbolbild) - dpa

Die Politik hat das schon lange vor Aufkommen des Diesel-Skandals gewusst. Zumindest die Japaner wussten es. Sie haben darum in den 90ern den Hybrid-Motor erfunden. Der säuft weniger, pustet aber nicht mehr NOx raus. Die EU, deren Abgasnormen wir kommentarlos übernehmen, hat als Gegenmassnahme ab 2000 den Stickoxid-Ausstoss auf dem Papier begrenzt. Anfänglich sehr grosszügig, später strenger. Ohne Wirkung, wie wir heute wissen. Viele moderne Diesel-Motoren blasen mehr NOx aus dem Auspuff, als es ab 2000 erlaubt gewesen wäre. Fortschritt? Fehlanzeige!

Lösung vorhanden

Es ist nicht so, dass es keine Lösung gäbe: Den Stickoxid-Ausstoss kann man mit einem Harnstoff deutlich mindern. Die Technik wird sogar in vielen Autos verbaut. Doch weil die Hersteller dem Kunden nicht zutrauen, die blaue Flüssigkeit selber nachzufüllen, haben sie deren Einspritzung gedrosselt. Und das System damit fast nutzlos gemacht.

Wie geht es weiter? Ab September gilt die Euro-6d-Abgasnorm. Damit sollen Motoren deutlich weniger NOx in die Luft blasen. Und erste Test lassen hoffen, dass die Ankündigung dieses Mal stimmt. So dürfte der Diesel-Motor noch ein paar Jahre vor sich hin rattern, ehe er ganz vom Elektromotor abgelöst wird.

Das Wichtigste in Kürze

  • Daimler muss in Europa 770'000 Fahrzeuge zurückrufen.
  • Eine Studie zeigt: Auch moderne Selbstzünder stossen mehr Stickoxid aus als erlaubt.

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