Schweizergarde schweigt zu sexuellen Übergriffen
Im Buch «Sodom» beschuldigen Schweizergardisten Kirchenvertreter im Vatikan der sexuellen Belästigung. Die Schweizergarde selber sagt dazu – nichts!
Das Wichtigste in Kürze
- Im Buch «Sodom» berichten Schweizergardisten von ihren Erfahrungen im Vatikan.
- Dort komme es immer wieder zu Anmachen und sexuellen Belästigungen durch Kirchenvertreter.
- Die Medienstelle der Schweizergarde hüllt sich in eisernes Schweigen.
«Sodom» heisst die Enthüllung über den Vatikan, welche in Form eines Buches auf dem Markt erschienen ist. Und massive Wellen wirft. Denn: Frédéric Martel berichtet darin über die Zustände unter Kirchenvertretern: Schwule Priester, Bischöfe und Kardinäle, welche mit den Soldaten der Schweizergarde flirten und diese sogar sexuell belästigen.
«Die rücken einem so zu Leibe, dass ich mir schon dachte, ich gehe sofort nach Hause zurück», so ein Gardist.
Während im Vatikanstaat die Anmachversuche kaum verborgen werden, seien die Schweizergardisten schockiert und traumatisiert.
Kein Wort von der Medienstelle
Statt sich zu den Vorfällen zu äussern, hüllt sich die Medienstelle der Schweizergarde in eisernes Schweigen. Sie hat bisher keinerlei Stellung bezogen. Und auch Nau hat auf die Fragen weder eine Antwort noch ein Statement erhalten, trotz mehrfachem Nachbohren.
Dubios: An der Berufsausstellung in Pratteln wird bis Ende November die Schweizergarde, deren Geschichte, Ausbildung und Karrierechancen für Jugendliche präsentiert.
Denn eines ist deutlich: Die Schweizergarde sucht dringend Nachwuchs. Und dies dürfte nach den Anschuldigungen nicht einfacher werden.
Kampagne startete vor Kurzem
Da die Zahl der potenziellen Gardisten sowieso schon sinkt, hat die Päpstliche Garde erst letztes Jahr eine Kampagnen-Offensive gestartet. Über einen Youtube-Kanal sollen junge Männer per Videomaterial motiviert werden.
Auch bezüglich der Zukunft der Schweizergarde wartete Nau vergeblich auf eine Rückmeldung.
Medienanwalt Andreas Meili kann die Zurückhaltung in gewisser Weise nachvollziehen: «Die Anfrage betrifft ein heikles kirchenpolitisches Thema. Sie will offenbar keine Argumente liefern, die es den Medien erlaubt, dieses zu vertiefen.»
Doch: «Eine andere Frage ist natürlich, ob eine solche Informationsverweigerungshaltung dem Ansehen der Schweizergarde nützt oder eher schadet.»
Laut Meili zeige die Nicht-Kommunikation auch, dass die Medienstelle der Schweizergarde nicht genau weiss, wie sie reagieren soll. «Aufgrund des heiklen Themas sind die zuständigen Personen verunsichert und tun daher nichts.»
Armee glaubt weiter an «Ansehen und Integrität der Schweizergarde»
Aus historischen Gründen bietet die Schweizer Armee der Schweizergarde Führungs- und Kommunikationsausbildungen an und unterstützt diese mit Materialien. Auch wird bei den Rekruten für die Schweizergarde geworben.
Im Verteidigungsdepartement VBS besteht für Übergriffe allerdings keine Toleranz, wie Armeesprecher Daniel Reist sagt: «Das VBS erwartet, dass auch anderer Institutionen unsere Werte teilen.»
Dennoch stehe Ansehen und Integrität der Päpstlichen Schweizergarde aus Sicht der Schweizer Armee nicht zur Diskussion.