Die «Kader-Schmiede» Panini
Das Wichtigste in Kürze
- Das 1961 von den Brüdern Panini gegründete Unternehmen startete mit einem Zeitungsstand in der Altstadt von Monza.
- Das Familienunternehmen stieg zum Weltmarktführer auf.
Wenn man das Panini-Werk im italienischen Modena betritt, fühlt sich das an wie eine Reise in die Kindheit. Nur die Gesichter, die in den Monaten vor der Fussball-Weltmeisterschaft auf Millionen Stickern über die Fliessbänder laufen, sind andere.
Sammlerkult über Generationen
«Wir haben hier die schwierigste Aufgabe der Welt: Wir müssen mit dem Kopf von 32 verschiedenen Trainern überlegen», sagt der Redaktionsleiter Fabrizio Melegari. Bei Panini fangen die Vorbereitungen für eine WM schon an, wenn der Sieger den Pokal der letzten WM gerade in den Händen hält.
Lange Recherchearbeiten
Diesjährige Wehmut
Vier Jahre lang werden Monat für Monat die Mannschaften in etwa 50 Ländern beobachtet. Es werden Statistiken zu den Einsätzen von Spielern ausgewertet, Gespräche mit lokalen Journalisten und Fussball-Experten geführt. «Es ist ein sehr langer Prozess, der begleitet ist von Schwierigkeiten und Frust», sagt Melegari. Die Fehlerquote liege bei um die 12 Prozent
Die Sticker werden in Modena und im Werk in Sao Paolo in Brasilien gemischt und eingetütet. Südamerika und Europa sind die wichtigsten Märkte in Europa - und vor einer Weltmeisterschaft werden die Produktionszeiten in beiden Werken ausgeweitet, erklärt Produktionsleiter Giuseppe Tagliavini.
Zwar ist der Verlag mittlerweile auch im digitalen Bereich aktiv, bietet etwa Online-Sammelhefte an. Aber die gedruckten Sammelalben funktionieren auch in der digitalen Welt noch immer. «Vom Konzept her ist es das gleiche Produkt wie in den 60er Jahren», sagt Melegari. «Die Spannung, ob ich Thomas Müller finde oder nicht, der Geruch von frisch gedrucktem Papier, das Aufreissen der Tüte, das kein Geräusch, sondern Musik ist, die Genugtuung, die Spieler zu sehen - es fehlt nur noch, die Sammelbilder zu essen, um alle fünf Sinne anzusprechen.» Melegari weiss, wie er sein Produkt zu verkaufen hat.
Im Verwaltungsgebäude nebenan blättert Melegari durch die WM-Stickerhefte vergangener Jahre: Mexiko 1986, Argentinien 1978. Mittlerweile wirken die Fotos auf den Aufklebern durchdachter, die Spieler blicken meist in eine Richtung oder direkt in die Kamera, die Hintergründe sind einheitlich. Die Verbände achteten heutzutage stärker auf das Haarstyling als auf «epische Posen» wie die eines Kämpfers, sagt Melegari.
«Italien ist das Land der Mysterien und auch die Zusammenstellung des Kaders wäre bis zum letzten Moment ein Rätsel gewesen», scherzt Melegari. Ein Kandidat aber wäre ganz sicher ins Buch gekommen: Torwart-Legende Gianluigi Buffon. «Er wäre der einzige Mann auf Erden gewesen, der sechs Fussballweltmeisterschaften gespielt hätte, wäre er nach Russland gefahren. Aber ich glaube, er wartet noch auf Katar.»