Doping-Prozess gegen Mark S. hat in München begonnen
Vor dem Landgericht München II hat der bisher grösste Doping-Prozess in Deutschland begonnen. Im Mittelpunkt steht der Erfurter Arzt Mark S., der weltweit Blutdoping vor allem im Rad- und Wintersport organisiert hat.

Das Wichtigste in Kürze
- Mediziner Mark S. soll knapp ein Jahrzehnt weltweites Blutdoping organisiert haben.
- Mit einem Komplizen steht er nun in München vor dem Landgericht.
Der Erfurter Mediziner Mark S. soll fast ein Jahrzehnt lang weltweit Blutdoping organisiert und durchgeführt haben. In München steht er mit vier seiner mutmasslichen Komplizen nun in einem der grössten Dopingverfahren hierzulande vor Gericht.
Die Verlesung der Anklage durch Oberstaatsanwalt Kai Gräber im Prozess gegen die fünf Angeklagten (Aktenzeichen 2 KLs 380 Js 108323/19) begann vor dem Landgericht München II mit Verzögerung.
Die Anwälte der Angeklagten forderten die Streichung von Passagen der Anklageschrift, die nach ihrer Ansicht keine strafrechtlichen Handlungen beinhalten würden. Es geht in den mit kursiver Schrift gekennzeichneten Textteilen zum Beispiel um die Dokumentation von Blutabnahmen bei Athleten. Die Richterin entschied jedoch nach einer Unterbrechung der Verhandlung, dass die Anklage komplett vorgelesen werden darf.
Mark S. soll seit 2011 bis zum Februar 2019 Sportler gedopt haben, die unter anderem auch an den Olympischen Winterspielen von Pyeongchang, an Weltmeisterschaften oder der Tour de France teilgenommen haben. Er habe sich dabei in fast 150 Fällen des Verstosses gegen Arnzeimittel- und Dopinggesetze schuldig gemacht und ausserdem in einem Fall der gefährlichen Körperverletzung.
Das Netzwerk war aufgeflogen, nachdem der österreichische Langläufer Johannes Dürr in einer ARD-Dokumentation über Doping berichtet hatte. Daraufhin hatte es am 27. Februar 2019 Razzien bei der nordischen Ski-WM in Seefeld und in Erfurt gegeben. In Thüringen wurde dabei Mark S. als Organisator des Sportbetrugs festgenommen. Er sitzt seitdem ebenso in Untersuchungshaft wie einer seiner Helfer, der rund drei Wochen später ebenfalls verhaftet worden war.
Die Verteidiger kritisierten den sehr langen Zeitraum der Untersuchungshaft und gingen dagegen mit Verfassungsbeschwerden vor.
In der sogenannten «Operation Aderlass» identifizierten die Ermittler 23 involvierte Sportler, in Deutschland und Österreich wurde gegen 50 Personen ermittelt. Besonders Winter- und Radsportler zählten zum Kundenkreis des Arztes. Einige Athleten standen in Österreich bereits selbst vor Gericht und erhielten wegen Dopings Bewährungsstrafen.
Für einen der grössten Dopingprozesse hierzulande hat das Landgericht München II 26 Verhandlungstage bis Weihnachten veranschlagt. Dabei sollten auch viele ehemalige Sportler als Zeugen geladen werden.
Unklar war vor Prozessbeginn, ob Mark S. als Hauptangeschuldigter sprechen und vielleicht auch weitere Helfer oder Sportler seines Netzwerkes preisgeben werde. Er hatte nach seiner Verhaftung noch mit den Ermittlern kooperiert, nach fünf mündlichen und einer schriftlichen Aussagen aber nichts weiter preis gegeben.