Eishockey-Kapitän Müller: Boykott-Diskussion «heuchlerisch»

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Deutschland,

Der Kapitän des deutschen Eishockey-Nationalteams, Moritz Müller, freut sich trotz aller widrigen Umstände auf Olympia in Peking. Boykott-Forderungen findet der Fahnenträger-Kandidat «heuchlerisch».

Moritz Müller ist seit Jahren eine feste Grösse in der Abwehr der Nationalmannschaft und bei den Kölner Haien. Foto: Timm Schamberger/dpa
Moritz Müller ist seit Jahren eine feste Grösse in der Abwehr der Nationalmannschaft und bei den Kölner Haien. Foto: Timm Schamberger/dpa - dpa-infocom GmbH

Das Wichtigste in Kürze

  • Abwehrspieler Moritz Müller feierte mit dem sensationellen Gewinn der Olympia-Silbermedaille des Nationalteams 2018 in Pyeongchang den grössten Erfolg der deutschen Eishockey-Geschichte.

Der 35 Jahre alte Kapitän des deutschen Teams bezieht im Interview der Deutschen Presse-Agentur vor den Winterspielen in Peking klar Stellung zu den politischen Diskussionen rund um Olympia.

Am Mittwoch fliegen Sie mit dem Team nach Peking. Steigt die Vorfreude oder kommt eher mehr Skepsis auf?

Bei mir steigt auf jeden Fall die Vorfreude. Natürlich gibt es Randerscheinungen wegen Corona. Da trifft man eben Vorkehrungen und versucht noch mehr als sonst schon, eine Infektion zu vermeiden.

Als Olympia-Teilnehmer sind Sie mindestens geimpft, viele sind geboostert. Haben Sie Verständnis für Impfgegner oder ungeimpfte Sportler?

Zu 100 Prozent. Ich mag die Diskussion nicht, dass Leute anderen Leuten vorschreiben können, was sie tun müssen. Für mich hat sich das Thema mit der Solidarität in dem Moment erledigt, als klar war, dass auch Geimpfte das Virus übertragen können.

Das IOC erlaubt die freie Meinungsäusserung ausserhalb von Wettkampfstätten und abseits von Siegerzeremonien. Halten Sie es für notwendig und letztlich auch für klug, gerade Themen wie Tibet, die Lage der Uiguren oder Meinungsfreiheit öffentlich anzusprechen?

Ich reise als Eishockey-Spieler Moritz Müller da hin und nicht als Annalena Baerbock. Letztlich mache ich mir da aber nicht so viele Gedanken drüber. Ich glaube kaum, dass ich in Gewahrsam genommen werde, wenn ich meine Meinung frei äussere.

Haben Sie gezweifelt, als der Fall der plötzlich verschwundenen Tennisspielerin Peng Shuai aufkam?

Ich kann nicht genau greifen, was da los ist. Dafür bin ich hier zu weit weg und bekomme auch nur mit, was geschrieben wird. Klar ist: Ich wäre nie nach China in Urlaub gefahren. Es gefällt mir nicht, wie sie dort teilweise mit den Menschen umgehen und dass sie teilweise Hunde essen. Jetzt sind aber die Spiele da, und ich freue mich total darauf. Es ist doch gut, dass man sich jetzt selbst ein Bild machen kann.

Immer mal wieder gab es Diskussionen über einen möglichen Olympia-Boykott. Können Sie das nachvollziehen?

Ich finde diese Diskussion zu grossen Teilen heuchlerisch. Da wird wie immer wieder vom Sport erwartet, ein Exempel zu statuieren, was vorher auf anderer Ebene nicht passiert ist. Ich als Athlet trainiere mein halbes Leben für Olympia und schaffe schliesslich, dabei zu sein, habe aber gar keinen Einfluss, wo die Winterspiele dann stattfinden. Von uns wird dann aber erwartet, das zu boykottieren - und das von Leuten, die nicht auf ihr Smartphone oder ihre Sneaker verzichten wollen. Zudem gab es ja die Chance, die Spiele woanders hin zu vergeben, zum Beispiel nach München. Aber das wollte ja keiner. 2015, als die Spiele vergeben wurden, haben zudem alle um die chinesische Aufmerksamkeit gebuhlt. Da hat keiner was gesagt, dass Wirtschaftsdelegationen mit der Kanzlerin dahin geflogen sind, als es um dicke Aufträge ging. Bitte nicht falsch verstehen: Ich bin total für Menschenrechte. Aber ich glaube eben auch nicht, dass ein Boykott etwas ändert. Ich finde eher, dass wir mehr zum olympischen Gedanken zurückkommen müssen. In der der Antike sind Kriege ausgesetzt worden wegen der Spiele.

Was halten Sie denn vom diplomatischen Boykott, den - angeführt von den USA - einige Länder beschlossen haben?

Auch da wird der Sport benutzt. Ich habe gelesen, dass auch die Aussenministerin Annalena Baerbock nicht hinreisen wird. Da frage ich mich: Reist sie nur jetzt nicht hin oder reist sie nie nach China? Ich denke, die Frage können wir uns alle beantworten. Von daher ist auch das doch wieder nur Show.

Moritz Müller ist seit Jahren eine feste Grösse in der Abwehr der Kölner Haie und des Nationalteams. Für Bundestrainer Toni Söderholm ist der 35-Jährige als Kapitän gesetzt. Auch abseits des Eises geht der Fahnenträger-Kandidat des deutschen Teams für die Eröffnungsfeier am 4. Februar voran. Der Schwiegersohn des früheren Fussball-Profis und -Managers Thomas Eichin eckt dabei auch schon mal an, vertritt aber immer eine klare Meinung. Müller ist auch Mitbegründer der Spielervereinigung SVE.

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