Nati-Trainer Fischer: «Werden hervorragende Eishockey-WM zeigen»
Patrick Fischer steht vor seiner achten Eishockey-WM als Nati-Trainer. Vor dem Startspiel gegen Norwegen spricht er mit der Nachrichtenagentur Keystone-SDA.
Das Wichtigste in Kürze
- Am Freitag (16.20 Uhr) beginnt für die Schweizer Nati gegen Norwegen die Eishockey-WM.
- Trotz zuletzt vieler Niederlagen ist Patrick Fischer zuversichtlich: «Der Prozess stimmt.»
- Der Nati-Trainer ist überzeugt, dass die Schweiz «eine hervorragende WM» zeigen wird.
Am Freitag beginnt für die Schweizer Nati die Eishockey-WM. Um 16.20 Uhr startet das Team von Trainer Patrick Fischer gegen Norwegen in das Turnier in Tschechien. Im Interview spricht Fischer unter anderem über die Zusammenstellung des Teams und die Schweizer Mentalität.
Keystone-SDA: Am Freitag beginnt die Eishockey-WM. Während der vierwöchigen Vorbereitung ging es darum, das bestmögliche Team zu finden. Auf was achten Sie besonders in der Zusammenstellung des Teams?
Patrick Fischer: «Wir bauen ein Team auf, das auf Charakter basiert, denn wir können nur zusammen Erfolg haben. Es ist zwingend, dass unsere Gewohnheiten und Tugenden umgesetzt werden, auf und neben dem Eis hart gearbeitet wird. Dann gilt es, die verschiedenen Rollen auszufüllen. Wir müssen für jede Rolle den besten Mann finden, können beispielsweise nicht vier Erstlinien-Center aufbieten.»
Keystone-SDA: Heutzutage gibt es sehr viele Statistiken. Wie stark beziehen Sie diese in Ihre Entscheide ein?
Fischer: «Ich finde sie spannend. Eishockey wurde sehr lang ungenügend analysiert, es gab wenig Daten bei uns in Europa. Die ‹Advanced Stats› und sonstige Statistiken helfen. Unser Ziel als Team ist, uns bei numerischem Gleichstand mehr Möglichkeiten zu erarbeiten als der Gegner. Das ist das, was wir beeinflussen können. Daher ist im Coaching-Staff eine der wichtigsten Statistiken, wer Chancen kreiert und wer mit Fehlern solche des Gegners ermöglicht. So sehen wir bei engen Entscheiden, wer besser performt.»
Keystone-SDA: Sie sind seit Ende 2015 Nationaltrainer, arbeiten mit einigen Spielern schon lange zusammen. Wie schwierig ist es, dann immer objektiv zu sein?
Fischer: «Das ist eine sehr gute Frage. Es ist durchaus möglich, für einen Spielertyp gewisse Sympathien zu haben. Und auch die gemeinsamen Erfolge können einen Einfluss haben. Als ich vor zwei Jahren Raphael Diaz sagen musste, dass er nicht mehr dabei ist. Das war ein sehr schwieriger Entscheid. Aber ich bin ja nicht allein, wir schauen das im Staff zusammen an. Wir spiegeln uns gegenseitig und versuchen, so objektiv wie möglich zu sein.»
«Ich hätte wirklich Bedenken gehabt, wenn...»
Keystone-SDA: Ihr Team bekundet oft etwas Anlaufzeit. Warum ist das Ihrer Meinung nach so, obwohl das Niveau der National League mit den sechs Ausländern gestiegen ist?
Fischer: «Unser System ist relativ komplex. Wir haben vier verschiedene Forechecking-Varianten, und auch in der Defensivzone spielen wir etwas anders als üblich. Während der Saison mit den wenigen Trainings ist es gar nicht möglich, alles einzuüben. Schliesslich sollen die Spieler nicht überfordert werden. Darum geniessen wir es, wenn wir sie wie vor der Eishockey-WM mal länger bei uns haben. Dann sieht man markante Unterschiede.»
Keystone-SDA: Ihr Team verlor saisonübergreifend 13 Spiele in Serie. Hatten Sie nie Zweifel?
Fischer: «Ich hätte wirklich Bedenken gehabt, wenn wir zehnmal keine Chance gehabt hätten, aber so war es nicht. Wir hätten in der Euro Hockey Tour gerade so gut die Hälfte der Partien gewinnen können. Beim Toreschiessen fehlte jedoch die Effizienz. Klar können Niederlagen nicht positiv verkauft werden und es wäre unrealistisch, wenn es keine kritischen Stimmen gegeben hätte. Aber intern wussten wir, dass der Prozess stimmt. Für mich war sehr schön zu sehen, dass wir alle, auch die Mannschaft, ruhig geblieben sind. Es kam nie Hektik auf. Intern rundherum Vertrauen zu spüren, tat gut. Unser CEO Patrick Bloch sowie unser Director Sport Lars Weibel hielten mir immer den Rücken frei. Letztendlich wächst man in schwierigen Situationen. Wir freuen uns, dass wir nach der schwierigen Phase im vergangenen Jahr nun wieder angreifen können. Wir werden zum WM-Start bereit sein.»
«Unsere Einstellung kann hinderlich sein – gerade in der Favoritenrolle»
Keystone-SDA: An den letzten drei Weltmeisterschaften ging Ihr Team jeweils als Favorit in die Viertelfinals und scheiterte dreimal. Auch in anderen Mannschaftssportarten verlieren die Schweizer oft entscheidende Spiele. Hat das mit der hiesigen Mentalität zu tun?
Fischer: «Wir leben hier in einem Schlaraffenland, unsere Komfortzone ist riesengross. Meiner Meinung nach haben sie in anderen Kulturen viel weniger Angst als wir, nicht umsonst versichern wir alles. Unsere Einstellung kann hinderlich sein, gerade wenn wir in der Favoritenrolle sind. So heisst es bei uns stets, ‹Pass auf›, während der Nordamerikaner sagt: ‹Tue es›. Dort lieben sie Heldengeschichten, bei uns ist das Gegenteil der Fall. Wir haben nicht gerne Helden, woran das liegt, weiss ich nicht. Das macht mich nicht traurig, aber bringt mich zum Nachdenken. Andere Länder bewundern uns, sagen wow, während wir uns fast etwas schämen für den Erfolg.»
Keystone-SDA: Blicken wir zum Schluss voraus auf die Eishockey-WM. Was stimmt Sie optimistisch, diesmal das Final-Wochenende zu erreichen?
Fischer: «Mich macht nichts optimistisch, das bin ich immer, seit ich denken kann. Ich sehe das Gute, glaube an unsere Fähigkeiten als Mannschaft. Wir haben uns in den letzten Jahren entwickelt. Ich erhalte so viele Komplimente von anderen Nationen, wie wir spielen. Im eigenen Land geht es zum Teil in die andere Richtung. Aber das ist okay. Ich bin überzeugt, dass wir wieder eine hervorragende Eishockey-WM zeigen werden.»