Eine neue Heimat für ukrainische Hockey-Junioren
Reto, Christian und Harijs sei Dank: Vor einem Jahr fanden 40 ukrainische, jugendliche Hockey-Spieler in der Ost-Schweiz eine neue Heimat. Wo stehen sie heute?
Das Wichtigste in Kürze
- Vor einem Jahr sind 40 ukrainische Eishockey-Junioren in der Schweiz angekommen.
- Hierzulande können die Jugendlichen wohnen und ihrer Leidenschaft nachgehen.
- Seit Beginn hat sich das Projekt weiterentwickelt – und soll das auch in Zukunft tun.
Als die ukrainischen Hockeyspieler mit ihren Angehörigen im letzten Frühjahr in Kreuzlingen ankamen, zögerte Reto Ammann keine Sekunde. Der CEO und Verwaltungsratspräsident des Campus Bodensee in Kreuzlingen organisierte Unterkunft, Platz in der Schule und stellte für das sportliche Wohlbefinden den Kontakt mit den Eishockey-Verantwortlichen des HC Thurgau Young Lions her.
«Wir arbeiten seit Jahren eng mit U17-Trainer Christian Rüegg von Rüegg Sport Performance zusammen – dieser half sofort und stellte neben der Integration in den Trainingsalltag ein eigenes U17 Talent-Campus Bodensee-Team auf die Beine», erinnert sich Reto Ammann.
Seitdem hat sich einiges getan. Die Halle stellt das Eis günstiger zur Verfügung, der Schweizerische Eishockeyverband ermöglichte Freundschaftsspiele gegen gleichaltrige U17-Teams, Christian Rüegg trainiert die Talente und integriert die grössten Talente in sein reguläres U17-Team HC Thurgau Young Lions – diese besuchen schliesslich den auf Sport spezialisierten Campus Bodensee.
Der Trainer mit 30 Jahren Erfahrung bildete unter anderem schon Ramon Untersander (SC Bern), Timo Meier (San José), Dominik Egli (HCD) und Kevin Fiala (L. A. Kings) aus.
Hockey-Legende Harijs Vitolins mit dabei
Als Tüpfelchen auf dem i stellte Trainer Christian Rüegg den Kontakt zur lettischen Hockey-Legende Harijs Vitolins (54) her. Der ehemalige NHL-Profi spielte längere Zeit in der Schweiz, wohnt in Kreuzlingen und ist aktuell Trainer der lettischen Nationalmannschaft. «Ich verfüge über genügend freie Zeit, um meinem Freund Chrigel Rüegg unter die Arme zu greifen und mache das gerne.» Was Vitolins nicht sagt: Sein Engagement ist gratis.
Vitolins ist auch ein sprachliches Bindeglied. Der ehemalige U20-Weltmeister (damals noch mit der Sowjetunion) spricht ebenso fliessend Russisch wie alle ukrainischen Jugendlichen. Der Lette sieht denn auch grosses Potenzial der jungen Ukrainer: «Zwei oder drei Jugendliche könnten den Sprung schaffen», prophezeit er.
Finanzielle Grundlage fehlt
Doch wo steht das Programm neun Monate später? «Wir verfügen zwar über eine gute Basis und alle ziehen an einem Strang – uns fehlt aber langfristig das Geld, um das Projekt auch in Zukunft kostendeckend zu finanzieren», zeigt sich Campus Bodensee-Macher Reto Ammann besorgt.
«Wir konnten zwar bisher auf weitreichende Unterstützung aus dem eigenen Umfeld zählen, aber uns fehlt die finanzielle Grundlage für ein solches Projekt.» Mit dem Spendenportal there-for-you haben die Macher 10'000 Franken an Land gezogen. Jetzt hoffen alle, dass das Hockey-Märchen am Bodensee weitergeht.