FIFA

Berater-Chef: «Viele Spielervermittler werden ihren Job verlieren»

Mischi Wettstein
Mischi Wettstein

Zürich,

Mit neuen, strengen Massnahmen will die Fifa Provisionen und Transferbeteiligungen der Spielervermittler regulieren. Das sorgt auf Berater-Seite für Kritik.

Fifa
Die Fifa um Präsident Gianni Infantino sorgt mit strengen Richtlinien für Spielerberater für Wirbel. - keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Anfang Oktober liess die Fifa neue Richtlinien für Spielervermittler in Kraft treten.
  • Absicht: Die Einkünfte der Agenten sollen gedeckelt werden.
  • Berater-Präsident Christoph Graf kritisiert den Weltverband dafür scharf.

Laut der Fifa wurden in diesem Sommer weltweit Ablösesummen in Höhe von knapp 7,4 Milliarden Franken gezahlt. Davon seien fast 700 Millionen nur an Spielervermittler gegangen. Dieser Tatsache will der Weltverband nun entgegenwirken.

Seit Oktober gelten für Berater neue Richtlinien. So müssen diese etwa eine Prüfung ablegen, um zugelassen zu werden. Ausserdem sollen ihre Transferbeteiligungen gedeckelt werden. Der Geldfluss soll ausschliesslich über die Fifa laufen.

Harry Kane
In diesem Sommer wurden fast 7,4 Milliarden Franken an Ablösesumme gezahlt. Harry Kane wechselte beispielsweiser für über 100 Millionen Franken zu Bayern München. - keystone

Christoph Graf, Präsident der Vereinigung der Schweizer Spielervermittler (SFAA), sind die neuen Massnahmen ein Dorn im Auge. Im Interview mit Nau.ch ordnet er das Vorgehen der Fifa ein.

Nau.ch: Christoph Graf, seit Oktober gelten für die Spielervermittler neue Regeln. Was genau hat sich geändert?

Christoph Graf: Ein Agent kann davon ausgehen, dass er nur noch 30 Prozent des Geldes verdient, welches er bis anhin verdient hat. Bei einem gut aufgestellten Verein kam man bisher auf eine Kommission von rund zehn Prozent vom Jahressalär des Spielers. Auch in der Schweiz.

Von der Fifa wird das jetzt auf drei Prozent heruntergesetzt. Der Verband macht Preisvorschriften, obwohl er dazu eigentlich null Berechtigung hat. Die Fifa kann über Spielregeln und Wettbewerbe bestimmen, aber sicher nicht über einen ökonomischen Randbereich.

Für den Job, den wir machen, brauchen wir keine Fifa, sie ist eigentlich nur ein störender Faktor. Bei der Fifa gibt es niemanden, der je einmal einen Transfer orchestriert hat.

Nau.ch: Stimmt es, dass es bei Transfers mit einem Jahressalär bis 200'000 Franken weiterhin zehn Prozent Kommission sind?

Christoph Graf: Bei tieferen Löhnen sind bis zu zehn Prozent Kommission möglich. Ob das der Verein dann zahlt, ist die andere Frage. Kleinere Vereine zahlen oft weniger oder gar nichts.

Fifa
Die Fifa sorgt bei den Spielerberatern mit neuen Regeln für Rote Köpfe. - keystone

Nau.ch: Die Zahlungen laufen jetzt über die Fifa. Das heisst, die Vereine zahlen das Geld an den Weltverband, dort wird es reguliert und dann an die Berater weitergegeben. Korrekt?

Christoph Graf: Die Fifa will einfach die Geldströme kontrollieren. Wer die Geldströme kontrolliert, der hat Macht. Der Fifa sollte es doch eigentlich darum gehen, den Fussball zu verbessern. Nur schon mit der Agenten-Prüfung und der Lizenzierung der Agenten weltweit hat die Fifa Millionen eingenommen.

Nau.ch: Oft hört man, dass Spielervermittler wahnsinnige Summen verdienen. Wie sieht die Realität aus? Kann ein durchschnittlicher Berater in der Schweiz durch die neuen Regulierungen nicht mehr von seinem Beruf leben?

Christoph Graf: Als einzelner Agent kann man durchschnittlich rund zehn bis fünfzehn Spieler betreuen. Darunter sind aber auch immer Junge, welche erst am Beginn ihrer Karriere sind, und weniger talentierte Spieler. Am Ende verdient man vielleicht nur mit drei oder vier Spielern etwas.

Ich persönlich glaube nicht, dass sich die Fifa mit den neuen Regeln durchsetzen wird. Ich glaube, die FIFA werden irgendwann von einem Gericht gestoppt. Sollte dies nicht der Fall sein, müsste man sich künftig auf Spieler fokussieren, die sicher Geld bringen. Mittelmässige Spieler und Frauen würden niemanden mehr finden, der sie vertritt.

Nau.ch: Ist das wie beim «Lädeli-Sterben»? Die Grossen werden grösser und die Kleinen verschwinden...

Christoph Graf: Das ist so. Natürlich werden auch die Einnahmen der grossen Agenturen kleiner, aber diese können überleben. Es hat ja nicht nur für die Agenten eine Auswirkung, sondern auch für die Spieler. Die Auswahl an Beratern wird sinken, weil viele ihren Job verlieren werden.

Dann gibt es noch die Lüge der Fifa, dass Spielervermittler mit anderen zusätzlichen Dienstleistungen Geld verdienen können. Warum sollte ein Agent Ernährungs- oder Steuerberatung machen? Das ist nicht sein Job und nicht seine Kompetenz.

Das wäre vergleichbar, wie wenn man einem Coiffeur sagen würde, er dürfe nur noch 30 Franken für einen Haarschnitt verlangen. Dafür könne er seinen Kunden ja noch Schokolade, Zigaretten und Zeitungen verkaufen.

Fifa
Christoph Graf zusammen mit dem verstorbenen Star-Spielerberater Mino Raiola. - SFAA

Nau.ch: In Deutschland wurden die Fifa-Regulierungen vor Gericht ausser Kraft gesetzt.

Christoph Graf: Das Landgericht Dortmund hat das neue Reglement komplett abgelehnt und für gesetzeswidrig erklärt. Und das ist es eigentlich auch in der Schweiz.

Nau.ch: Wieso hat noch kein Schweizer Gericht oder Schweizer Behörde so entschieden?

Christoph Graf: Das wundert mich auch. Ich finde, es sind alle Voraussetzungen da gewesen, um auch hier vorsorgliche Massnahmen zu ergreifen. Offenbar gibt es Hemmungen gegenüber der Fifa. Immerhin gibt es jetzt zumindest mal eine Vorabuntersuchung der Wettbewerbskommission.

Was halten Sie von den neuen Fifa-Regeln für Spielerberater?

Für mich ist der Fall klar: Dieses Reglement muss zu Fall kommen, weil es total gesetzeswidrig ist. Wenn Gerichte und Behörden – egal in welchem Land – das Gesetz bewusst ignorieren, dann sind wir auf dem Niveau einer Banenenrepublik.

Wo kommen wir hin, wenn plötzlich ein Schweizer Verein, wie die Fifa, der ganzen Welt Vorschriften macht?

Nau.ch: In Zukunft müssen sich Spielervermittler zudem zertifizieren und eine Prüfung ablegen.

Christoph Graf: Dieser Umstand ist eigentlich vollkommen absurd. Da prüfen Leute künftige Agenten, die das Business selber gar nicht kennen. Das wäre etwa so, wie wenn Star-Koch Andreas Caminada bei mir eine Prüfung ablegen müsste und ich darüber entscheide, ob er gut genug kocht.

Kommentare

User #1046 (nicht angemeldet)

Wenn Infantino etwas sagt ist äusserste Vorsicht geboten. Meistens füllt es seinen Geldbeutel!

User #5627 (nicht angemeldet)

Wer ist der Hallodri ?

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