Bundesliga: Empörungswelle wegen Hoffenheim-Hopp ist scheinheilig
Schmähplakate gegen Hoffenheim-Boss Dietmar Hopp sorgen in der Bundesliga für einen grossen Aufschrei. Doch warum nicht auch bei Rassismus? Ein Kommentar.
Das Wichtigste in Kürze
- In der Bundesliga kommt es wegen Schmähplakaten zu Spielunterbrüchen.
- Die Attacke richtet sich an Hoffenheim-Mäzen Dietmar Hopp und sorgt für einen Aufschrei.
Eine Welle der Empörung brandet am Wochenende über Sport-Deutschland. Man habe «die hässliche Fratze des Fussballs gesehen», sagt Bayern-Boss Rummenigge.
Ultra-Gruppen von Bayern bezeichnen Hoffenheim-Mäzen Dietmar Hopp auf Spruchbändern als «Hurensohn». Und stellen sein Konterfei auf Bannern sogar in ein Fadenkreuz.
Die Beleidigungen auf den Rängen sorgen für mehrere Spielunterbrüche. Bayern und Hoffenheim spielen sich in den letzten Minuten beim Stand von 6:0 für den Rekordmeister demonstrativ die Bälle zu. Das gabs noch nie.
Hopp führte Hoffenheim in die Bundesliga
Doch woher kommt der Hass gegen den 79-jährigen Multi-Milliardär? Hopp führte seinen Heimatklub Hoffenheim aus den Niederungen des Breitenfussballs in die Bundesliga. Die TSG profitierte dabei vor allem in der 2. Bundesliga von erheblichen finanziellen Mitteln – und gilt seit damals als «künstlich hochgezüchteter» Bundesligist.
Mit dem brachialen Aufstieg RB Leipzigs, alimentiert mit Red-Bull-Millionen aus Österreich, wechselte das «Fan-Feindbild» allerdings in den Osten der Republik.
Doch besonders die Ultras des BVB legten sich weiterhin mit dem Milliardär an, sorgten regelmässig für Schmähungen.
Dies führte kürzlich dazu, dass die Dortmunder vom DFB für zwei Jahre von Auswärtsspielen ausgeschlossen wurden. Und deswegen kocht die Ultra-Seele ligaübergreifend. Denn: Von Kollektiv-Strafen hatte der Verband zuletzt abgesehen.
Der Stadion-Übergreifende Protest gegen Hopp gründet damit auf einer Solidaritätsbekundung gegen solche Strafen. Und richtet sich damit auch gegen die Liga.
Rechtfertigt die Tat den Aufschrei?
In der Tonalität gehören solche Schmähungen selbstverständlich in die unterste Schublade. Hass ist nie förderlich und einen 79-jährigen Mann als den Leibhaftigen hinzustellen, ist total daneben.
Doch die Reaktionen schlagen dem Fass den Boden aus. Es wurde niemand verletzt oder getötet. Klar ist: Solche Aktionen aus dem Lager von Sportfans sind meist überzeichnet. Sie bleiben dafür aber auch im Stadion.
Der Aufschrei ist aber aktuell so gross, als hätte man in der Fankurve Hundewelpen bei lebendigem Leib gegrillt.
Immer noch keine Spielabbrüche bei Rassismus in der Bundesliga
Allein in diesem Jahr hätte man in Deutschland mehrfach mit Spielabbrüchen bei rassistischen und sexistischen Vorkommnissen ein Zeichen setzen können. Das wäre zum Symbol für einen toleranten und weltoffenen Fussball geworden.
Dass jetzt ausgerechnet ein Fall mit einem einflussreichen Multi-Milliardär zur grossen Kontroverse führt, ist scheinheilig und enttäuschend.