Bundesliga: Ex-Star Harnik kickt jetzt in 5. Liga – und rechnet ab

Mit 33 Jahren hat der frühere Bundesliga-Stürmer und österreichische Ex-Nationalspieler Martin Harnik dem Profifussball den Rücken gekehrt. Jetzt spielt der in Hamburg geborene Torjäger in der deutschen Oberliga – bei Fünftligist Dassendorf.

240 Spiele hat der Österreicher in der deutschen Bundesliga bestritten, dabei 66 Tore erzielt. Zuletzt war er leihweise beim HSV in der zweiten Bundesliga aktiv, kam im Vorjahr auf 23 Einsätze. Trotzdem hörte er im Sommer auf, kickt jetzt in der fünften Liga.

«Werder teilte mir im Sommer mit, dass ich bei den Planungen keine Rolle mehr spiele», erklärt Harnik gegenüber «spox». «Sie haben mich vor die Wahl gestellt, mit der zweiten Mannschaft oder zu Hause individuell zu trainieren. Auf Dauer wollte ich beides nicht.»

Dass der Club ihm sein Aus so unverblümt mitteilte, stört den Österreicher keineswegs. «Ich fand es gut, dass der Club fair mit mir umgegangen ist. Es hätte mich geärgert, wenn ich ehrlich um Einsätze gekämpft hätte, tatsächlich aber chancenlos gewesen wäre.»

Trotz einiger Anfragen aus der 2. Bundesliga entschied sich Harnik für den Rücktritt vom Profifussball. Weiter kicken wollte er trotzdem – bei der TuS Dassendorf; dort spielt sein Schwager, der Trainer ist ein guter Freund. «Das Gesamtpaket passt perfekt», sagt Harnik.

Der Profifussball der Bundesliga fehlt ihm dabei kein bisschen. «Diese Maschinerie hat sich negativ auf meine Psyche ausgewirkt», gesteht der Offensiv-Akteur. «Ich freue mich darauf, die mentale Belastung ablegen zu können.»

Er habe sich stets sehr mit seinen Clubs identifiziert – und unter dem engen Kontakt mit den Mitarbeitern gelitten. Es baue enormen Druck auf, wenn deren Jobs von Aufstieg oder Nicht-Aufstieg abhängen, so Harnik.

«Dazu kommen die Einschränkungen im privaten Bereich, die mir zugesetzt haben. Nach Niederlagen habe ich mich ungern in der Öffentlichkeit blicken lassen», erklärt der 33-Jährige. Wenn er jetzt ein katastrophales Spiel mache, wirke sich das nicht aus.

Der Druck habe sich auch körperlich manifestiert. «Vor Spielen habe ich manchmal Schweissausbrüche mit kaltem Schweiss bekommen. Erfolglose Phasen raubten mir viel Energie. Wenn ich morgens aufgewacht bin, habe ich mich oft ausgelaugt gefühlt.»

«Ich hatte wenig Antrieb, war träge und bin schwer aus dem Bett gekommen», gesteht Harnik. Auch Gespräche mit Mentaltrainern hätten nicht geholfen. «Ich musste feststellen, dass mir das nicht hilft. Ich habe mich nach diesen Gesprächen nicht besser gefühlt.»

Bei Dassendorf hat der Ex-Nationalspieler zwar einen Vertrag bis 2023, das sei aber nur «irgendeine Jahreszahl». Er wolle von Jahr zu Jahr schauen, ob der Körper noch mitmacht. Eine Trainerkarriere kommt danach aber nicht infrage.

«Ich sehe mich künftig zu null Komma null Prozent im Profifussball», versichert Harnik. «Ich will mich als Unternehmer in der freien Wirtschaft probieren.» Gleich zwei Unternehmen baute der Österreicher neben der Karriere mit auf.

Zum einen ist er Gesellschafter eines Party-Artikel-Vertriebs. «Das ist purer Zufall. Kostüme sind keine grosse Leidenschaft oder ein kurioses Hobby von mir», beteuert der 33-Jährige. «Bisher war ich ins operative Geschäft auch nicht eingebunden.»

Zudem gründete der Ex-Bundesliga-Spieler 2018 ein Fleischgeschäft in Stuttgart. Das betreibt er zusammen mit seinem Stuttgarter Ex-Teamkollegen Daniel Ginzcek. Zu Hause betreibt er mit seiner Frau eine Pferdezucht mit mittlerweile 14 Tieren.