Kahn als Einpeitscher - Bayern vor Triple-Krönung
Bayern gegen PSG - dieses Champions-League-Finale verspricht grossen Fussball. Hansi Flick lobt vorm grossen deutschen Trainerduell Thomas Tuchel. Der künftige Bayern-Boss warnt vor Mbappé und Neymar - und kontert: «Wir haben Lewandowski, wir haben Gnabry, wir haben Neuer.»
Das Wichtigste in Kürze
- Den Einpeitscher für's Giganten-Finale der grossen Namen gegen Paris Saint-Germain gab der Bayern-Titan.
Oliver Kahn blickte trotz einiger bedenklicher Wackler bei der mit 3:0 (2:0) im Ergebnis souverän gelösten ersten deutsch-französischen Kraftprobe des FC Bayern gegen den gestoppten Favoritenschreck Olympique Lyon mit der typischen Münchner Mia-san-mia-Attitüde auf den kommenden Sonntag (21.00 Uhr/ZDF, Sky, DAZN), wenn im Estádio da Luz von Lissabon die beste Fussball-Vereinsmannschaft Europas gekürt wird.
«Wir wissen natürlich, Paris ist eine absolute Hausnummer. Aber wir kennen auch unsere eigenen Stärken», verkündete Kahn am Donnerstag, als beim Regenerieren der Münchner Triple-Anwärter im Teamquartier «Penha Longa Resort» ausnahmsweise kein Pool-Wetter herrschte. Es tröpfelte im portugiesischen Sommer bisweilen aus grauen Wolken.
Die erste Ansage an das von Trainer Thomas Tuchel zu einem Kollektiv geformte PSG-Starensemble mit den offensiven Ausnahmekönnern Neymar und Kylian Mbappé hatte am Mittwochabend Lyon-Bezwinger Serge Gnabry gemacht. Nach seinem Doppelpack verliess der Nationalstürmer das Estádio José Alvalade mit wilder Entschlossenheit. «Wir wollen das Triple unbedingt gewinnen und werden alles geben, um den Titel zu holen», sagte der 25 Jahre alte Aussenstürmer: «Das beste Team in Europa zu sein, ist ein riesiger Ansporn. Wir wollen es sein!»
Der 23. August 2020 soll wieder ein Abend sein, an dem die Bayern Geschichte schreiben; wie 2001 beim ersten Königsklassen-Triumph mit dem Elfmeterhelden Kahn in Mailand und wie beim 2:1 im deutschen Endspiel in London gegen Borussia Dortmund 2013, dem Jahr des historischen Titel-Triples unter Trainer-Legende Jupp Heynckes. Der neue Jupp soll nun Hansi Flick heissen, der als Assistent in diese ultralange und knifflige Corona-Saison ging und nur neun Monate nach der Übernahme des Cheftrainerpostens vor der Blitzkrönung steht.
«Wir sind alle happy, wir sind im Finale», sagte der 55-Jährige. Er freut sich auf das Duell mit Tuchel, dessen Arbeit bei PSG er lobt: «Er macht einen richtig guten Job. Ich habe ihn mal besucht.» Die Pariser Mannschaft funktioniere unter Tuchels Anleitung sehr gut.
Den letzten und wohl schwierigsten Triple-Schritt will aber Flick machen. «Wir werden gucken, dass wir zu Kräften kommen, hundert Prozent Energie sammeln und dann gegen Paris mit einer Topleistung versuchen, den Titel zu gewinnen», sagte Flick, den Kapitän Manuel Neuer rühmte: «Was ihn auszeichnet, ist auch die Ruhe gerade vor solchen Spielen, die Besonnenheit.» Alle folgen Flick, alle vertrauen in Flicks Ideen. «Egal, gegen welchen Gegner wir gespielt haben, wir waren top vorbereitet und hatten immer einen Plan», sagte Neuer.
Flick ist aber nicht entgangen, dass gegen Lyon Mängel auftraten, die gegen Paris tödlich sein könnten. Er monierte zu viele Ballverluste. «Klar, wenn wir gegen Paris den Ball verlieren, dann geht die Post ab über Mbappé, über Neymar. Wenn die eine Chance haben, dann knallt's meistens», mahnte darum auch Kahn: «Wir wissen natürlich, Paris ist eine absolute Hausnummer.» Aber der erfahrene Ex-Profi Kahn verwies auch auf die besondere «psychologische Ausgangssituation» gegen Lyon: «Jeder hat gedacht, ach ja, jetzt haben die Barcelona 8:2 weggehauen - mal gucken, wie sie Lyon weghauen. So einfach ist das nicht!»
Ob Flick, Kahn oder Neuer, alle haben Vertrauen in das eigene Können, das hinter dem von PSG nicht zurückstehe. Zehn Spiele, zehn Siege, 42 erzielte Tore, das ist die Königsklassenbilanz dieser Spielzeit. 2020 sind die Double-Bayern noch ungeschlagen. «Es ist nicht so, dass nur Paris Mbappé und Neymar hat. Wir haben Lewandowski, wir haben Gnabry, wir haben Neuer», zählte Kahn auf. Gnabry führte die Bayern als Doppel-Torschütze ins sechste Königsklassen-Finale. Den Sololauf à la Arjen Robben von rechts mit Linksschuss in den Winkel nannte Kahn «Weltklasse». Es war für ihn das Tor des Jahres in der Königsklasse.
Robert Lewandowski traf an einem ansonsten unglücklichen Arbeitstag am Ende doch noch zum 3:0 - das 15. Tor im laufenden Wettbewerb für den Polen, der am Freitag 32 Jahre alt wird und sich im Finale selbst beschenken kann. Und Neuer zeigte eine Weltklasseparade gegen Toko Ekambi, verhinderte nach einer guten Stunde das Anschlusstor. «Das wäre das 2:1 gewesen, da hätte es nochmal richtig gebrannt», urteilte Ex-Keeper Kahn als Fachmann für titanenhafte Rettungstaten.
Der 34-jährige Neuer hält das mögliche Triple-Team von 2020 für «in der Breite besser aufgestellt» als die Triple-Gewinner um Robben und Ribéry 2013. In der Mannschaft gebe es nicht einen «Stinkstiefel», so Neuer, aber dafür um so mehr extrem gierige Gewinnertypen.
Kahn ist von Anfang an in Portugal ganz nah am Team. Der künftige Vorstandsboss hielt im Trainingslager an der Algarve sogar eine kurze Ansprache an die Mannschaft. Er glaubt fest an die Vollendung des Krönungsprojektes «Campeões de Lisboa». Dabei setzt er auf den perfekten Mix aus erfahrenen Weltmeistern und Triple-Siegern wie Neuer, Thomas Müller und Jérôme Boateng in Kombination mit den Akteuren, die noch nicht die Champions League gewonnen haben. Einpeitscher Kahn sprach vorm Finale in Lissabon von «Jungs, die für den Henkelpott von hier zu Fuss nach München laufen würden».