WM 2022: «Lange Nachspielzeit sinnvoll» – «Nächste Fifa-Willkür»
Das 2:6 der Iraner gegen England an der WM 2022 fällt in der 13. Minute der Nachspielzeit – ein Rekord. Doch will wirklich jemand so lange Spiele sehen?
Das Wichtigste in Kürze
- Die Fifa-Schiris versuchen an der WM, verlorene Spielzeit mit Nachspielzeit auszugleichen.
- Das führt in Katar zu ungewohnt langen Fussball-Spielen.
- Auf der Nau.ch-Sportredaktion gehen die Meinungen dazu auseinander.
Zehn Minuten Nachspielzeit pro Halbzeit? An der WM 2022 in Katar bereits nach zwei Tagen keine Seltenheit.
«Wir versuchen, die Zeit auszugleichen, die durch Zwischenfälle verloren geht.» Das sagt Fifa-Schiriboss Pierluigi Collina. «Wir wollen nicht, dass es in einer Halbzeit nur 42 oder 43 Minuten aktives Spiel gibt, das ist nicht akzeptabel.»
Die überlangen Spiele sorgen für viel Diskussionen – auch auf der Nau.ch-Sportredaktion ist man geteilter Meinung.
Christoph Böhlen, Sportchef
«In der Super League scheint die durchschnittliche Nachspielzeit in Stein gemeisselt. Eine Minute in der ersten, drei Minuten in der zweiten Halbzeit. Egal, was dazwischen auf dem Platz passiert.
Spätestens seit der Erhöhung auf fünf Wechselmöglichkeiten wünsche ich mir eine Anpassung der Nachspielzeit. Es nervt, wenn in einem Spiel mit zehn Wechseln, ein bis zwei VAR-Situationen und einer Verletzungspause nur drei Minuten angezeigt werden.
Dass die Fifa an der WM 2022 hier den Hebel ansetzt, ist nicht verkehrt. Die Spieler sollen merken, dass Zeitspiel oder ähnliche Tricks nicht mehr den gewünschten Effekt bringen. Die Richtung dieser Massnahme stimmt.
Doch mit der Ausführung übertreibt es der Weltverband mal wieder: Sechs bis Sieben Minuten im Schnitt würden wohl reichen. Auf zehn und mehr Minuten Nachspielzeit hat niemand Bock.»
Andrea Schüpbach, Sportredaktor
«Dass in Katar vieles anders läuft, ist spätestens seit gestern klar: Regenbogen-Binde verboten; halbautomatische Abseitstechnologie; Fans verlassen das Stadion. Jetzt sind dem Weltfussball-Verband auch noch die Spiele zu kurz.
England und der Iran spielen gestern im Khalifa-Stadion insgesamt 117 Minuten – reguläre Spielzeit. Klar, Iran-Goalie Alireza Beiranvand verletzt sich am Kopf und muss lange behandelt werden. Klar, es fallen acht Tore. Trotzdem sieht eine 24-minütige Nachspielzeit, die am Ende gar noch um drei Minuten verlängert wird, nach Willkür aus.
Das wird in Katar garantiert für weitere Diskussionen sorgen – davon haben wir aber eigentlich schon nach zwei Tagen genug …
Wenn die Fifa wirklich kein Zeitspiel zulassen will, dann macht es wie im Hockey. Die effektive Zeitmessung löst das Problem der Mega-Nachspielzeit. Davon bin ich aber auch überhaupt kein Fan.
Viel besser: Hört auf mit den Neuerungen, Veränderungen und angeblichen Verbesserungen. Und bestraft das Zeitspiel konsequent mit Gelb.
Gary Lineker sagte einmal: «Fussball ist ein einfaches Spiel: 22 Männer jagen 90 Minuten lang einem Ball nach. Und am Ende …»