Nach Rundumschlag: DFB lädt Gomez in Videokeller ein
Nach dem Gezeter von Mario Gomez wegen des Videoassistenten reagiert der DFB - mit ausführlichen Erklärungen und einer charmanten Einladung: Sitzt der Stürmer bald selbst im Videokeller?
Das Wichtigste in Kürze
- Der erboste Ex-Nationalstürmer Mario Gomez darf sich nach seinem Rundumschlag gegen Videoassistenten selbst im Kölner Keller umschauen.
«Wir haben bei uns heute Morgen spontan gesagt: Wir laden Mario Gomez gerne ein, wenn er Interesse hat. Er kann gerne mal zu uns ins Video-Assist-Center kommen und sich das Ganze mal anschauen», sagte Jochen Drees, Projektleiter Videobeweis beim Deutschen Fussball-Bund (DFB), der Deutschen Presse-Agentur. «Wir können ihm gerne erklären, wie der Video-Assistent und die kalibrierte Linie funktionieren. Er kann sich auch selbst mal an eine Arbeitsstation setzen und Abseitssituationen bewerten. Er ist herzlich willkommen!»
Gomez hatte nach dem 1:1 seines VfB Stuttgart am Montagabend im Zweitliga-Spiel beim SV Darmstadt 98 darüber geklagt, dass in der 66. Minute erneut ein Tor von ihm wegen einer Abseitsstellung nicht anerkannt worden war. «Die Leute kommen ins Stadion, weil sie Tore sehen wollen. Und wenn wir jedes Mal wegen zwei Zentimetern zurückpfeifen - das ist ein Witz», schimpfte der 34-Jährige im TV-Sender Sky.
Derzeit liege so viel Druck «auf diesem bescheuerten Videobeweis», sagte der sichtlich aufgebrachte Gomez. «Das ist einfach so ein Bullshit!» Es war bereits der fünfte Treffer von Gomez in den vergangenen drei Spielen, der zurückgenommen wurde. Drees verwies jedoch darauf, dass bei vier der fünf nicht anerkannten Tore - so auch in Darmstadt - der Linienrichter die Situation als Abseits bewertet hat und nicht vom Videoassistent in Köln korrigiert wurde. So gesehen hätten diese Treffer auch zu Zeiten, als es die technischen Hilfsmittel noch nicht gab, nicht gezählt.
«Diese Vorgänge hatten also sehr wenig mit dem Videoassistenten zu tun, dieser hat die korrekten Entscheidungen auf dem Feld nur bestätigt», sagte der frühere Bundesliga- und Fifa-Referee Drees. Er habe Verständnis für den Ärger des Spielers, der möglichst viele Tore erzielen möchte, «aber ich sehe da kein Fehlverhalten vom Video-Assistenten oder vom Schiedsrichter-Assistenten auf dem Platz, das zu kritisieren wäre.»
Bei der Abseitsbewertung gebe es auch keinen Ermessensspielraum. «Die kalibrierte Linie, die wir verwenden, ist die gleiche, wie sie die Fifa für die Weltmeisterschaft 2018 zertifiziert hat. Die kalibrierten Linien sind sehr genau», erklärte Drees. Die Prozesse würden dabei immer gleich ablaufen: «Der Video-Assistent hält zuerst den Moment des ersten Impulses auf den Ball fest, der beim Abspiel mit dem Fuss oder dem Kopf stattfindet. Die hochauflösenden Kameras produzieren bis zu 150 Bilder pro Sekunde. Das heisst, man hat eine sehr detaillierte Darstellung des entscheidenden Zeitpunktes.»
Gomez hatte in seiner Wut nochmals nachgelegt, der Stuttgarter spekulierte gar über persönliche Hintergründe: «Vielleicht ist das ja jetzt die Quittung der Schiedsrichter, die da im Keller sitzen, dafür, dass ich ihnen 20 Jahre auf die Eier gegangen bin», sagte er. «Ich bin froh, dass das für mich nicht mehr fünf Jahre weitergeht, weil das macht so keinen Spass», fügte er konsterniert an.
Drees wiederum ergänzte die Sicht der Unparteiischen und ihrer Assistenten: «Glauben Sie mir, auch Schiedsrichter leiten am liebsten Spiele, in denen viele Tore fallen.»