Dani Wyler: Mir fehlt Glaube an eine WM der Toleranz in Katar!
Das Wichtigste in Kürze
- Dani Wyler war von 1988 bis 2017 für das Schweizer Radio und Fernsehen tätig.
- Heute leitet Wyler die Kommunikation beim FC Wil und kommentiert für Teleclub.
- In seinem Gastbeitrag schreibt Wyler über die WM 2022 in Katar.
Die Fussball-WM in Katar ist mit Spielen in der Wüste um die Weihnachtszeit schon absurd genug. Aber klar: Es geht um das grosse Geld und da ist in unserer vom Geld bestimmten Welt alles möglich.
Die FIFA hat sich – ob unter Sepp Blatter oder unter Gianni Infantino – zwar «das Wohl des Sportes und der Menschen» auf die Fahnen geschrieben, aber mehr als schöne Worte sind das nicht.
Menschenrechte spielen in der Welt der grossen internationalen Sportverbände nur eine untergeordnete Rolle, wenn es gilt, Austragungsrechte zu vergeben.
In Katar darf Homosexualität nicht gelebt werden, schon gar nicht öffentlich. Gefängnis und Peitschenschläge werden als drakonische Strafen verhängt.
Öffentliche Zuneigung nicht Teil der Kultur
Schon Sepp Blatter hatte 2010 angeregt, dass homosexuelle Fussballfans in Katar auf Sex verzichten sollen – dafür musste er sich später entschuldigen.
Öffentlich Zuneigung zu zeigen, gehört nicht zur Kultur Katars, sagt man dort. Das widerspricht zwar unseren Vorstellungen von Menschenrechten diametral, wird aber von der FIFA ausgeblendet, denn eine Fussball-WM ist ein Milliardengeschäft.
Hat Dani Wyler recht mit seiner Kritik an der WM in Katar?
Doch nun gibt sich Katar einen Ruck: Alle Menschen, egal welchen Geschlechts, welcher Religion oder welcher sexuellen Orientierung, seien an der WM willkommen – man will ja ein weltoffener Gastgeber sein, damit sich das Geschäft lohnt.
Selbst Regenbogenfahnen seien in den Stadien erlaubt, man habe die Sicherheitskräfte entsprechend instruiert ...
Der Final soll am 18. Dezember 2022 stattfinden – weltweit übertragen. Dann wird sich Gianni Infantino neben die katarischen Gastgeber setzen und vielleicht den einen oder anderen mit einem herzlichen Bruderkuss zur tollen WM beglückwünschen.
Und was passiert im Land danach? Bleiben die Regenbogenfahnen erlaubt? Es ist zu befürchten, dass das nicht der Fall sein wird. Das kümmert dann die FIFA nicht mehr.
«Die FIFA mischt sich nicht in die inneren Angelegenheiten eines souveränen Staates ein» – so oder ähnlich wird dann argumentiert.
Oder Gianni Infantino wird sagen: «Meine Freunde in Katar haben mir versprochen, künftig die Menschenrechte besser zu achten, mehr können wir nicht tun.»
Infantino trifft sich mit saudischem Kronprinzen
Diese Floskeln kennen wir zur Genüge. Sie entbinden die grossen Sportverbände davon, Verantwortung für ihre Sportpolitik zu tragen.
Zuletzt weilte FIFA-Chef Gianni Infantino beim saudischen Kronprinzen Mohammed bin Salman bin Abdulaziz al-Saud. Das ist derjenige Machtträger, der den unliebsamen Journalisten Khashoggi ermorden liess.
Auf der FIFA-Homepage steht zu diesem Treffen: «Erörtert wurde dabei, wie sehr der Fussball zur Einigung in der Region sowie zur Förderung grundlegender Werte wie Inklusion, Solidarität und Toleranz beitragen kann.» Inklusion, Solidarität und Toleranz?
Katar 2022 – die WM der Toleranz? Die Botschaft hör’ ich wohl, allein mir fehlt der Glaube …