Zum zweiten Mal in Folge scheidet Barça schwer blamiert aus der Champions League aus. Nach der Schmach von Rom 2018 erlebt das Team ein Debakel in Liverpool. Es werden Verantwortliche gesucht. Ein Idol steht in der Kritik, jemand anders offenbar sogar nah am Abgrund.
Mit dem FC Barcelona auf der Zielgeraden gescheitert: Trainer Ernesto Valverde. Foto: Peter Byrne/PA Wire
Mit dem FC Barcelona auf der Zielgeraden gescheitert: Trainer Ernesto Valverde. Foto: Peter Byrne/PA Wire - dpa-infocom GmbH

Das Wichtigste in Kürze

  • Ein Debakel wie das des FC Barcelona im Liverpooler Anfield-Stadion braucht Sündenböcke.
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Sogar mit den Fussball-Superstars wie Lionel Messi geht Spanien hart ins Gericht.

«Opfer oder Schuldiger», titelte das Sportblatt «Marca» nach dem Déjà-vu der Barca-Stars. Die Wunden der Champions-League-Pleite von 2018 mit dem ähnlich überraschenden Aus beim AS Rom waren beim Team um Nationaltorhüter Marc-André ter Stegen wieder aufgerissen worden. «Mensch, jedes verdammte Jahr das gleiche», schrie ein Fan auf dem John-Lennon-Flughafen, als Messi wegen der Dopingkontrolle lange nach seinen Kameraden durch die Sicherheitskontrollen ging. Auch andere Fans machten dem Clubidol lautstark Vorwürfe.

Messis Leistung beim 0:4 wurde vom Fachblatt «Sport» immerhin mit fünf von zehn möglichen Punkten bewertet. Ter Stegen musste sich mit einer «3» und der Kritik, er sei «geistesabwesend» gewesen, anfreunden. Rakitic und Coutinho bekamen sogar eine glatte Null. Besonders schlimme Konsequenzen wird die Pleite aber nach übereinstimmender Medieneinschätzung für Trainer Ernesto Valverde haben. «Er muss weg», hiess es überall, obwohl der 55-Jährige erst im Februar seinen Vertrag mit den Katalanen um ein Jahr verlängert hatte.

«Diese Niederlage wird einen Tribut fordern. Und derjenige, den die Hekatombe von Anfield am schlimmsten trifft, ist Ernesto Valverde», schrieb zum Beispiel das Sportblatt «Marca». Der Trainer bekannte offen, dass es «keine Entschuldigung» für das desaströse 0:4 gebe und es ihm für die Fans sehr leid tue.

Das überraschende und schwer zu verkraftende Ausscheiden in Rom im vergangenen Jahr hätte den Trainer laut «Marca» bereits den Job kosten können - «aber der Gewinn des Doubles hatte ihn in extremis gerettet.» Nach einem 4:1-Hinspielsieg im Viertelfinale über die Roma musste Barça damals im Rückspiel eine 0:3-Pleite einstecken. Dieses Mal folgte auf ein 3:0 im Halbfinal-Hinspiel nun erneut eine deprimierende Klatsche im Rückspiel. Damit sind die Katalanen trotz eines hohen Hinspiel-Sieges zum zweiten Mal in Folge auf der Zielgeraden der Königsklasse gescheitert. Gegen Jürgen Klopps furioses Liverpool war Barcelona jederzeit chancenlos.

Mit gesenktem Köpfen schlichen Messi, ter Stegen und der Rest des Starensembles im Hexenkessel von Anfield vom Rasen. Die angereisten Barça-Anhänger hatten schon vor dem Schlusspfiff das Gesicht in den Händen vergraben, fassungslos, manche mit Tränen in den Augen. «Das ist eine der schlimmsten Nächte in der jüngeren Geschichte des FC Barcelona», brachte ein Kommentator im spanischen Fernsehen die Gemütslage auf den Punkt.

«Adiós a Europa», räumte Barça - das erst Ende April zum 26. Mal den spanischen Meistertitel geholt hatte - auf seiner Webseite unumwunden ein. Der Traum vom dritten Triple nach 2009 und 2015 ist erneut geplatzt. Der schwache Trost: Das erneute Double aus Meisterschaft und Copa del Rey ist noch drin: Am 25. Mai trifft die Mannschaft im spanischen Pokalfinale auf den FC Valencia.

Selbst Superstar Messi, der im Camp Nou in der vergangenen Woche noch zwei grossartige Tore gezaubert hatte, konnte an der Anfield Road keine Magie mehr verbreiten und schüttelte mehr als einmal entsetzt den Kopf. Auf dem Flughafen hatte er sich nach der Verbal-Attacke der Fans zu der Gruppe umgedreht, wollte wohl reagieren, ging dann aber auf Zureden von Spielerbetreuer Pepe Costa weiter Richtung Charter-Maschine. Die nächsten Wochen und Monate werden schwer: «Von Messi bis Valverde, wohin man schaut: Ein historisches Fiasko», titelte «Marca». Das katalanische Blatt «Sport» sprach gar von der «grössten Blamage der Geschichte».

Dabei hatte Stürmerstar Luis Suárez vor dem Spiel noch angekündigt: «Wir haben aus den Fehlern der Vergangenheit gelernt, um sie nicht zu wiederholen.» Nach der Partie und dem schlimmen Déjà-vu musste er seine Aussage enttäuscht revidieren: «Wieder ist das passiert, was nicht hätte passieren dürfen.» Valverde gab fast bewundernd zu: «Sie haben uns einfach überrollt.» Aber den wohl treffendsten Vergleich lieferte die Zeitung «Mundo Deportivo», die schrieb: «Anfield hat Barça heruntergeschluckt, bis es vom Feld verschwunden war.»

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