Reto Nause: Darum haben Klubs kein Interesse, mit uns zu kooperieren
Das Wichtigste in Kürze
- Liga und Vereine sprechen sich gegen Kollektivstrafen und Sektorsperren aus.
- Der Berner Sicherheitsdirektor Reto Nause kontert die Kritik am Kaskadenmodell.
- Die fehlende Kooperation hänge auch mit tiefen Zuschauerzahlen zusammen.
Der Gästesektor des Kybunpark in St. Gallen bleibt am Ostermontag beim Spiel gegen den FC Luzern zu. Grund dafür sind Ausschreitungen rund um eine Partie der beiden Teams aus der Vorsaison.
Schliesslich kommt aber alles anders. Rund 800 Luzerner Fans reisen trotz der Massnahmen an – und tauchen plötzlich im Stadion auf. Aus Sicherheitsgründen wird der Gästesektor daraufhin trotz Sperre geöffnet.
Umstrittenes Kaskadenmodell
Es ist das nächste Kapitel in der Fan-Debatte, welche aktuell stark polarisiert. Liga, Klubs und Kurven sind gegen Sektorsperren und Kollektivstrafen. Die Behörden halten jedoch weiter am sogenannten «Kaskadenmodell» fest. Nächste Saison soll es in Kraft gesetzt werden.
Mitte März kommt es darum zum Eklat. Liga und Vereine lehnen die Einführung ab. Es sei «nicht zielführend, einseitig und unverhältnismässig», sagt SFL-CEO Claudius Schäfer. Das Modell vermische Prävention mit Repression.
Sicherheitsdirektor Nause kontert Kritik
Anderer Meinung ist der Stadtberner Sicherheitsdirektor Reto Nause. In der SRF-Sendung «Rundschau» verteidigt er die Massnahmen der Behörden – und kritisiert insbesondere die Super-League-Klubs.
Was halten Sie von Kollektivstrafen?
So wäre beispielsweise die Sektorsperre beim Spiel des FCSG gegen Luzern durchsetzbar gewesen, meint Nause. «Es ist eine Frage der Organisation des Vorverkaufs.» Zudem gehe es darum, ob man eine Gruppe von 800 Fans «überhaupt in die Stadion-Perimeter reinlässt».
Nause stellt klar: «Es gäbe schon Massnahmen und Mittel, das zu verhindern.» Die Umsetzung betitelt er als «schwierig, aber lösbar».
«Würden Klubs besser mit uns kooperieren ...»
Anstelle von Kollektivstrafen setzen Klubs auf die Verfolgung von Einzeltätern. Von personalisierten Tickets, die seit Jahren zur Debatte stehen, halten sie wenig.
YB-CEO Wanja Greuel sagt in der «Rundschau»: «Selbst wenn ich weiss, welche 500 im Zentrum des Fan-Blocks stehen: Ich weiss doch nicht, welche fünf sich dann vermummen oder welcher derjenige ist, der eine Fackel wirft.»
Durch personalisierte Tickets könnten Individuen, die Straftaten begehen, besser zur Rechenschaft gezogen werden, kontert Nause. Er nimmt die Vereine in die Pflicht: «Würde der Klub besser mit uns kooperieren, würde man vermutlich mehr und bessere Fahndungserfolge erzielen.»
Eines der Probleme sei, dass die Fussballstadien in der Schweiz zu einem Drittel leer seien, führt der Mitte-Nationalrat aus. «Darum merkt man, dass die Klubs ihre Kurven und Zuschauer brauchen. Aus diesem Grund sind sie nicht erpicht, griffige Massnahmen zu verhängen.»
FCZ boykottiert Telefon-Konferenz
Ein Ende des Zwists ist derzeit nicht in Sicht. Das zeigt der jüngste Vorfall im Streit zwischen Klubs und Behörden. Für Dienstag hat die Konferenz der Kantonalen Justiz- und Polizeidirektorinnen und -direktoren (KKJPD) einen «Massnahmen-Call» einberufen.
Grund dafür waren Probleme zwischen FCZ-Fans und der Stadion-Security beim Auswärtsspiel in Genf. Der Zürcher Anhang verliess aus Protest nach wenigen Minuten den Gästesektor. Viele Servette-Fans solidarisierten sich.
In einem Statement vom Montag teilte der FCZ schliesslich mit, dass keine Vertreter am Call teilnehmen würden. Der Klub betrachte Kollektivstrafen und das Kaskadenmodell «wie schon mehrfach bekräftigt» für den falschen Weg.