Formel 1: Die junge US-Garde interessiert sich nicht für Europa
2015 sass letztmals ein US-Amerikaner bei einem Grand Prix der Formel 1 am Steuer. Die junge Garde drängt sich auf – hat aber oft gar keine Lust auf Europa.
Das Wichtigste in Kürze
- Erstmals seit mehr als 25 Jahren gehen wieder alle amerikanischen Formel-Titel an US-Boys.
- Grosses Interesse an einer Karriere in Europa haben die Jungstars aber alle nicht.
- Die IndyCar-Serie ist für heimische Talente viel verlockender als die Formel 1.
Mehr als ein Vierteljahrhundert ist es her, dass alle wichtigen nordamerikanischen Formel-Rennserien von US-Rennfahrern gewonnen wurden. 2019 war es wieder einmal so weit: In allen vier Serien, die zum IndyCar-Programm gehören, kommen die Champions aus den USA.
Angeführt wird die Phalanx der US-Boys von IndyCar-Champion Josef Newgarden. Der 28-Jährige ist zum zweiten Mal nach 2017 Meister im amerikanischen Formel-1-Pendant. Wie emotional der Titel für Newgarden war, zeigen die Tränen im Ziel.
THAT'S OUR CHAMPION 👏@JosefNewgarden // @Team_Penske pic.twitter.com/khRy1xy3Bl
— NTT INDYCAR SERIES (@IndyCar) September 23, 2019
Kein Interesse an der Formel 1
Hinter dem Champion aus Tennessee stellen sich auf dem «Road to Indy» genannten Nachwuchs-Pfad ausschliesslich Landsleute an. Den Titel im Indy Lights, der unmittelbaren Vorstufe zur IndyCar-Serie, sicherte sich Oliver Askew. Der 22-Jährige war 2017 bereits Champion in einer weiteren Unterstufe, USF2000-Meisterschaft.
Den Titel dort holte sich dieses Jahr der 20-jährige Braden Eves. Und in der Stufe zwischen Indy Lights und USF2000, der Indy Pro 2000, ist der 20-jährige Kyle Kirkwood der Champion.
An einer Karriere in Übersee hat aber keiner der Jungstars grosses Interesse. Newgarden war 2010 ein Jahr in Europa unterwegs. In der GP3-Serie erlebte er mit dem Carlin-Team ein Jahr zum Vergessen – im Jahr darauf gewann er den Indy-Lights-Titel. Der Fokus lag seither ganz auf der IndyCar-Serie, die Formel 1 spielt keine Rolle mehr.
Auch für die Champions in den Nachwuchsserien ist das Ziel ganz klar die IndyCar-Meisterschaft. Der Weg bis in die höchste Klasse ist – anders als in Europa – klar vorgezeichnet und durchorganisiert. Wer in der USF2000 den Titel holt, steigt in die Indy Pro 2000 auf. Wer dort Meister wird, fährt im Folgejahr Indy Lights.
Wozu nach Europa gehen?
Und die Chancen, in der IndyCar-Serie Meister zu werden, stehen erheblich besser als für eine erfolgreiche Formel-1-Laufbahn. Sieben verschiedene Fahrer gewannen in der abgelaufenen Saison zumindest ein Rennen. Mit Alexander Rossi und Takuma Sato haben zwei davon auch Formel-1-Erfahrung. Der Japaner stand 2004 beim Grand Prix der USA als Dritter sogar einmal auf dem Podest der Königsklasse.
Der Sprung über den Teich lohnt sich für die US-Talente indes nur selten. Einer, der das Risiko wagt, ist Pato O'Ward. Der mexikanische Jungstar startete 2018 und 2019 schon in der IndyCar-Serie. Dann wurde Red Bull aufmerksam, packte O'Ward in sein Junioren-Programm und ersetzte kurzerhand Dan Ticktum durch ihn.
Allgemein lohnt sich der Wechsel nach Europa aber nur für wenige US-Talente nachhaltig. Der letzte amerikanische Stammfahrer in der Formel 1 war Scott Speed im Jahr 2007. Mit Santino Ferrucci kam ein US-Racer im Vorjahr zumindest nah an die Königsklasse. Der 21-Jährige verlor sein Formel-2-Cockpit aber nach einem Rammstoss gegen seinen Teamkollegen.
Die aktuelle Meister-Phalanx Newgarden, Askew, Kirkwood oder Eves wird ihren Fokus ganz auf die IndyCar-Serie legen. Für keinen von ihnen ergibt ein Wechsel nach Europa allzuviel Sinn. Die USA werden wohl noch eine Weile auf ihren nächsten Piloten in der Formel 1 warten müssen.