Formel 1: Warum Romain Grosjean seinen Horror-Unfall überlebte
Das Wichtigste in Kürze
- Mit viel Glück entrinnt die Formel 1 am Sonntagabend einem tödlichen Unfall.
- Vier Faktoren retten Romain Grosjean bei seinem Horror-Crash das Leben.
- Die Rettung aus dem brennenden Wrack ist ein Wettlauf mit der Zeit.
Romain Grosjean darf ab sofort zweimal im Jahr Geburtstag feiern. Dass der Franzose seinen Horror-Unfall am Sonntag überlebt, grenzt an ein Wunder. Und die Formel 1 darf sich freuen, haarscharf einer Katastrophe entgangen zu sein.
Die Bilder sind so spektakulär, wie sie furchteinflössend sind. Grosjean registriert vor sich eine potenzielle Kollision, weicht vorsorglich nach rechts aus. Aber: Dort ist Daniil Kvyat im AlphaTauri, der den Zusammenprall nicht verhindern kann.
Grosjean biegt bei knapp 270 Stundenkilometern nach rechts ab, schlägt mit exakt 221 km/h in die Leitschienen ein. Das Monocoque seines Haas VF20 bohrt sich durch die Stahlbarrieren. Das Heck wird abgerissen, der Treibstofftank bricht und explodiert.
Dann vergehen quälend lange Sekunden – ehe der Franzose aus eigener Kraft aus dem Cockpit klettert. Dr. Ian Roberts, Beifahrer im Medical Car, hilft dem Haas-Piloten in Sicherheit. Vier Faktoren sind es, die Grosjean am Sonntag das Leben retten.
1. Der Cockpitschutz Halo
2018 führte die Formel 1 den bei Fans zunächst nicht gerade beliebten Cockpitschutz «Halo» ein. Der «Heiligenschein» ist ein fest mit der Überlebenszelle rund um den Fahrer verbundener Schutzbügel.
Der rund sieben Kilo schwere Titanbügel hält einer Belastung von bis zu 12 Tonnen stand. Den Horror-Einschlag von Grosjean am Sonntag überstand der Bügel leicht deformiert. Nicht auszudenken, was passiert wäre, hätte der Franzose ohne Halo eingeschlagen.
Der Cockpitschutz war die Reaktion der Formel 1 auf den tödlichen Unfall von Jules Bianchi 2014. Grosjeans Landsmann war in Japan mit einem Bergefahrzeug kollidiert, sein Kopf traf das Heck des Vehikels. Der 25-Jährige verstarb nach neun Monaten im Koma.
2. Feuerfeste Kleidung
Der Feuerunfall von Niki Lauda auf dem Nürburgring 1976 war der Startschuss für die «Unterwäsche-Revolution» der Formel 1. Der Österreicher erlitt damals lebensgefährliche Verbrennungen – trotz brandresistenter Unterkleidung.
In den rund 45 Jahren seither hat die Technik enorme Fortschritte gemacht. Ein moderner Nomex-Overall erlaubt den Piloten, mehr als 30 Sekunden bei 850 Grad zu überleben. Zu Saisonbeginn schrieb die FIA dickere, etwas schwerere Anzüge vor – ein Glücksfall.
Denn Grosjean brauchte diese 30 Sekunden in Bahrain. Vom Moment des Einschlags bis zum Sprung in die Freiheit vergehen knapp 28 Sekunden. Diese Zeit verbringt der Franzose mitten in einer Benzin-Flammenhölle.
3. Medical-Car-Personal
Den Mann am Steuer des Safety-Car kennen die meisten Formel-1-Fans zumindest mit Namen: Bernd Mayländer. Der deutsche Ex-Rennfahrer kommt bei zahlreichen Rennen der Formel 1 zum Einsatz und hat seine eigene Onboard-Kamera.
Weniger bekannt ist das Personal des Medical-Car, das während Runde 1 hinter dem Feld herfährt. Am Steuer sitzt Alan van der Merwe. Der Südafrikaner gewann 2003 die britische Formel-3-Meisterschaft – fahren kann der 40-Jährige also.
Der zweite Lebensretter ist Dr. Ian Roberts, der direkt nach dem Unfall als Erster vor Ort ist. Er dirigiert einen feuerlöschenden Streckenposten in die richtige Richtung. Das gibt Grosjean die Chance, aus dem Inferno zu klettern – in die Arme des wartenden Arztes.
4. Blitzschnelle Reaktion
Einen Formel-1-Fahrer aus einer Flammenhölle zu befreien, ist vor allem ein Wettlauf mit der Zeit. Rund 35 Sekunden hält ein Rennoverall das Feuer vom Fahrer fern – danach wird es kritisch. Verbrennungen und Verätzungen der Lunge sind die Folge.
Die Reaktion der Streckenposten in Bahrain ist blitzschnell – und vorbildlich. Der erste Feuerlöscher wird knapp elf Sekunden nach der Explosion ausgelöst. Der lebensrettende zweite Fire Marshall sprintet über die Strecke, ist nach 18 Sekunden zur Stelle.
Kaum aus dem Auto befreit, wird Grosjean von Dr. Roberts schon einem ersten Check unterzogen. Dann geht es per Krankenwagen erst ins Medical Center und anschliessend ins Krankenhaus.
Formel 1 entgeht einer Katastrophe
Der Horror-Unfall von Bahrain ist einer der schwersten Formel-1-Unfälle der jüngeren Geschichte. In Sekundenbruchteilen wird das Auto von Romain Grosjean von 220 auf 0 km/h verzögert.
Vergleichbare Unfälle gab es in der Formel 1 in der Vergangenheit nur wenige. Gerhard Berger erlitt in Imola 1989 einen solchen Feuer-Unfall. Und Robert Kubica überlebte 2007 in Kanada einen ähnlich brutalen Einschlag.
«Wir hatten heute grosses Glück», weiss auch Haas-Teamchef Günther Steiner. «Wir sind dankbar für die Sicherheits-Fortschritte in der modernen Formel 1. Unser Dank geht an das FIA-Personal und die Streckenposten», so der Italiener.