Gino Mäder (†26): Mit einem Horizont über den Radlenker hinaus
Mit Gino Mäder starb ein junger Sportler mit der Aussicht auf eine tolle Karriere. Seine Taten neben dem Rad waren ebenso gross wie die Resultate im Sattel. Primär Mäders Engagement wird in Erinnerung bleiben.
Das Wichtigste in Kürze
- Der Schweizer Rad-Profi Gino Mäder ist tot.
- Er starb am Freitag an den Folgen eines schweren Unfalls.
- In Erinnerungen bleibt ein äusserst positiver Mensch.
Es schaudert einen jedes Mal, wenn die Radprofis mit bis zu 100 km/h auf ihren zwei dünnen Reifen zu Tal schiessen. Die Fahrer handeln bestimmt nicht kopflos. Aber mit Gino Mäder bezahlte ausgerechnet ein junger Mann, dessen Horizont weit über den Radlenker hinaus reichte, den höchsten Preis für seine Leidenschaft.
Der ehemalige KV-Stift von Swiss Olympic verkörperte den Typ Sportler, der einen faszinierte. Aus rein sportlicher Optik galt er als der Schweizer, der womöglich die Durststrecke seit Tony Rominger und Alex Zülle beenden würde. Auf ihm ruhten die Hoffnungen nach einem Rundfahrten-Spezialisten. Die Ambitionen auf einen Triumph in der Gesamtwertung bei einem grösseren Rennen hatte er bereits an der Vuelta 2021 mit Rang 5 als bester Jungprofi und der Tour de Romandie 2022 mit Platz 2 angemeldet. Das Palmarès ziert der Etappensieg im Giro d'Italia, als er 2021 im strömendem Regen als Ausreisser eine Bergetappe gewann.
In Erinnerung bleiben werden aber nicht primär die sportlichen Leistungen, sondern das Engagement für das Klima und sonstige sensible Themen, die im Spitzensport eher verdrängt werden – auch sein Arbeitgeber Bahrain Victorious kam nicht ungeschoren davon. Dies führte dazu, dass ein Interview-Termin diesen Frühling für Radsport-Verhältnisse kompliziert wurde. Die Fragen mussten vorgängig an die Medienstelle des Radsport-Teams gesandt werden.
Mäder nahm in Kauf, dass er manchmal als Rad-Sportromantiker belächelt wurde. Er engagierte sich fürs Klima, obwohl er als Weltenbummler einen riesigen ökologischen Fussabdruck nicht verhindern konnte. Er stand zu seinem Wort, er stand zu den Widersprüchen, er wollte etwas verändern.
«Put your money where your mouth is», nannte er im Gespräch mit Keystone-SDA sein Motto. Seine Forderung setzte er beispielsweise 2021 mit der Aktion «Race for a cause» in Taten um, in dem er auf originellem Weg Geld sammelte. Für jeden Fahrer pro Etappe, den er hinter sich liess, legte er einen Franken auf die Seite. Zusammen mit Zuschüssen kamen so rund 15'000 Franken ins Spendenkässeli für die Organisation «Justdiggit».
Solche Aktionen waren typisch für den Vegetarier Gino Mäder. Geboren in der Ostschweiz, aufgewachsen im Oberaargau und wohnhaft in Zürich nannte er sich «Bürger dieser Welt». Verstorben im Alter von 26 Jahren nutzte er den Spitzensport auch als Plattform, um etwas zu bewegen. Nur im kleinen Bereich, aber im Bereich seiner Möglichkeiten. Dabei trat er nicht grossspurig auf, sondern zeigte seine sensible, nachdenkliche Seite: Mal adoptierte er einen Hund, der sonst getötet worden wäre, mal forderte er zivilrechtliche Konsequenzen für Dopingsünder, mal setzte er sich für die Förderung des Frauenrandsports ein.