Tour de France: Das Maillot Jaune feiert seinen 100. Geburtstag
Das Maillot Jaune der Tour de France ist das begehrteste Trikot des Radsports – und mit Skandalen und Heldengeschichten gleichermassen verbunden.
Das Wichtigste in Kürze
- Am Freitag feiert das Maillot Jaune seinen 100. Geburtstag.
- Die Geschichte des Gelben Trikots ist mit zahlreichen Skandalen und Heldensagen behaftet.
Seit 100 Jahren fährt der Gesamtführende der Tour de France im begehrtesten Trikot des Radsports. Wer das berühmt-berüchtigte Maillot Jaune überstreifen darf – nur für einen Tag – fühlt die Last seiner Geschichte. Auf dem Rücken des Gelben Trikots lastet ein Jahrhundert voller Heldensagen, Tragödien, aber auch Skandale.
Am 19. Juli 1919 wurde das Maillot Jaune in Grenoble erstmals verliehen, der erste Träger hiess Eugène Christophe, ein Franzose. Bereits sechs Jahre zuvor erlangte er Tour-Berühmtheit , als er in der Abfahrt vom Col du Tourmalet einen Gabelbruch erlitt. Christophe fuhr weiter, nachdem er nach einem langen Fussmarsch in der nächstgelegenen Schmiede sein Rad reparierte.
Sechs Jahre nach dieser Heldentat nahm Christophe als erster Fahrer das begehrte Stück Stoff entgegen. Nicht nach der ersten, sondern nach der zehnten Etappe, weil sich die Lieferung verzögerte. Und der «alte Gallier» hatte nicht einmal Freude an Gelb, denn er wollte im Peloton aus taktischen Gründen nicht auffallen.
Genau das aber war die Absicht von Henri Desgrange, dem Gründer der Tour de France. Desgrange wollte mit der Einführung des Maillot Jaune bezwecken, dass die Zuschauer den Führenden der Gesamtwertung besser erkennen können. Denn bei damals bis zu 500 Kilometern pro Etappe war man bisweilen auch noch bei Dunkelheit unterwegs. Und Desgranges Sportzeitung «L'Auto», heute «L'Equipe», wurde ebenfalls in Gelb gedruckt, rein zufällig natürlich.
269 Fahrer trugen an der Tour de France schon Gelb
Mittlerweile ist das Gelbe Trikot bei der Tour de France zum Mythos geworden. 269 verschiedene Fahrer durften es bisher ausführen. Mit Mike Teunissen, Giulio Ciccone und dem derzeitigen Leader Julian Alaphilippe kamen in diesem Jahr drei neue Namen dazu. Ganz zuoberst auf der Liste steht Eddy Merckx, der zwischen 1969 und 1975 an insgesamt 96 Tagen in Gelb fuhr.
Diesbezüglich übertrumpfte der Belgier auch den Tour-Rekordsieger Lance Armstrong, der auf 84 Tage kommt. Der Name des Amerikaners sucht man heute in den Rekordlisten jedoch vergebens. Seine sieben Siege von 1999 bis 2005 wurden wegen Dopings gestrichen. Armstrong stand für den grössten Betrug der Tour-Geschichte, dafür wurde er lebenslang gesperrt.
Doch zurück zum ewig erfolgshungrigen Merckx. Kein anderer Fahrer verkörperte das Maillot Jaune so sehr wie der «Kannibale» aus Woluwé-Saint-Pierre. Vor genau 50 Jahren konnte Merckx seinen ersten von fünf Tour-Siegen einfahren, auch seine 34 Etappenerfolge sind bis heute unerreicht. Zu Ehren von Merckx erfolgte in diesem Jahr der Start der Tour de France in seiner Heimat Brüssel.
Schweizer Legenden in Gelb
Der erste Schweizer, der sich das Gelbe Trikot überstreifen konnte, war 1936 Paul Egli. Der Zürcher war später der Lehrmeister von Ferdy Kübler. Kübler konnte 1950 als erster helvetischer Fahrer die Frankreich-Rundfahrt gewinnen. Im darauffolgenden Jahr tat es ihm Hugo Koblet gleich.
Kübler und Koblet sind bis heute die einzigen Schweizer, welche die Tour gewinnen konnten. Ihre Rivalität elektrisierte in den Fünfzigerjahren die Massen. Insgesamt verbrachten die beiden Legenden zwölf beziehungsweise elf Tage in Gelb.
Diese Werte wurden nach der Jahrtausendwende von Fabian Cancellara übertroffen. Der Berner trug das Maillot Jaune an 29 Tagen und damit so oft wie kein anderer Schweizer. Damit schafft es der 2016 zurückgetretene Cancellara in der ewigen Bestenliste auf Platz zwölf. Gesamthaft trugen neun Schweizer zumindest einmal das Maillot Jaune.
20 Spezial-Trikots zum runden Geburtstag
Die Organisatoren der Tour liessen sich zum 100-Jahr-Jubiläum des Maillot Jaune etwas Besonderes einfallen. So wurde für jeden Tag ein spezielles Leadertrikot angefertigt. Dieses zeigt entweder ein Wahrzeichen der jeweiligen Etappe oder das Konterfei eines früheren Helden. Zu dieser Ehre kommen neben Merckx auch die drei anderen fünffachen Gesamtsieger Jacques Anquetil, Bernard Hinault und Miguel Indurain.
Auf dem Trikot am Freitag prangt –natürlich – Eugène Christophe, der die Tour allerdings nie gewinnen konnte. 1919 wurde ihm in der zweitletzten Etappe erneut ein Gabelbruch zum Verhängnis. Als erster Träger des Maillot Jaune hat er seinen Platz aber auch so in den Geschichtsbüchern gefunden.