Erst musste der grosse Favorit Chris Froome nach einem schlimmen Sturz seine Tour-de-France-Ambitionen streichen, nun gibt es Sorgen um Titelverteidiger Geraint Thomas. Das Radsport-Engagement des Chemie-Unternehmen Ineos verläuft bislang alles andere als glücklich.

Das Wichtigste in Kürze

  • Eigentlich war alles angerichtet.
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Geraint Thomas war auf der vierten Etappe der Tour de Suisse gestürzt. Foto: Sam Buchli/TOUR DE SUISSE
Geraint Thomas war auf der vierten Etappe der Tour de Suisse gestürzt. Foto: Sam Buchli/TOUR DE SUISSE - dpa-infocom GmbH

Für schätzungsweise 40 Millionen Euro jährlich hat sich der umstrittene Geldgeber Ineos in den Radsport eingekauft, als Rendite war der Sieg bei der Tour de France fest eingeplant.

Doch spätestens seit dem Sturz von Titelverteidiger Geraint Thomas bei der Schweiz-Rundfahrt ist die Aufregung beim übermächtigen britischen Radrennstall gross, nachdem es in der Vorwoche bereits den Top-Favoriten und viermaligen Tour-Champion Chris Froome schlimm erwischt hatte.

Im Gegensatz zu Froome, der bei der Dauphiné-Rundfahrt Brüche am Oberschenkel, dem Ellbogen und den Rippen erlitten hatte, steht Thomas am 6. Juli in Brüssel aber wohl an der Startlinie. «Ich musste die Tour de Suisse verlassen, aber ich bin in Ordnung. Ich bin mit dem Kopf aufgeschlagen und musste über meinem Auge genäht werden», schrieb Thomas am Mittwoch auf Twitter. Laut Teamangaben hat sich der Kapitän keine ernsthaften Verletzungen zugezogen. Im Krankenhaus wurden Brüche ausgeschlossen.

Doch eine optimale Vorbereitung auf dem Weg zu einer erfolgreichen Titelverteidigung sieht anders aus. Ohnehin ist Thomas in dieser Saison noch nicht richtig in Tritt gekommen. Ein dritter Gesamtplatz bei der Tour de Romandie war noch das beste Ergebnis des 33 Jahre alten Walisers, der seit seinem überraschenden Tour-Triumph im vergangenen Jahr keinen Sieg mehr geholt hat. Sicher auch, weil bei Thomas viele Ehrungen zulasten des Trainingsumfangs gingen.

In der nächsten Woche müsse er nun «einige grosse Trainingsfahrten» machen, betonte Thomas und gab sich äusserlich gelassen: «Natürlich ist das ein Rückschlag, aber es ist noch Zeit, und ich bin mir sicher, dass mein Coach Tim Kerrison einen Plan hat.» Vorher müssen aber noch die Mediziner grünes Licht geben. «Wir müssen in den nächsten Tagen sicherstellen, dass er symptomfrei ist», sagte Teamarzt Derick Macleod.

Das Engagement des Chemieriesen Ineos im Radsport steht bislang unter keinem guten Stern. Am 1. Mai hatte das Unternehmen den Medienkonzern Sky abgelöst. Der Sponsoren-Wechsel war von Protesten der Umweltschützer begleitet worden, weil das Unternehmen wegen der angewendeten Fracking-Methoden umstritten ist. Beim ersten grossen Auftritt beim Giro d'Italia war von den braunroten Trikots wenig zu sehen, weil Jungstar Egan Bernal wegen eines zuvor erlittenen Schlüsselbeinbruchs passen musste.

Bernal ist inzwischen wieder fit und sollte eigentlich wahlweise Froome oder Thomas zum Tour-Sieg verhelfen. Gut möglich, dass der erst 22 Jahre alte Kolumbianer nun das Tour-Projekt retten muss.

Der dreiwöchigen Rundfahrt in Frankreich könnten die Probleme von Ineos indes zu mehr Spannung verhelfen. Fast schon erdrückend hatte das Team Sky in der Vergangenheit die Tour beherrscht und sechs der letzten sieben Sieger - viermal Froome, je einmal Thomas und Bradley Wiggins - gestellt.

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