Marcel Hirscher: «Es gab keine Option, weiterzumachen»
Das Comeback von Marcel Hirscher dauerte nur drei Rennen, dann riss im Training das Kreuzband. Nun spricht der Österreicher erstmals offen über seine Gedanken.

Das Wichtigste in Kürze
- Marcel Hirscher spricht in einer Dokumentation offen über Rücktritt und Comeback.
- Auch den Kreuzbandriss, der ihn im Dezember stoppte, thematisiert er.
- Noch ist offen, ob der Österreicher im nächsten Winter ein weiteres Comeback wagt.
Lange hat Marcel Hirscher auf sein Weltcup-Comeback hingearbeitet – am 2. Dezember 2024 endet es nach gerade einmal drei Renn-Auftritten vorzeitig mit einem Kreuzbandriss im Training. Ohne Sturz, ohne Einfädler – ein Verschneider reicht für die erste schwere Verletzung in der Laufbahn des Ausnahme-Skifahrers.
In einer ORF-Dokumentation blickt der heute 36-Jährige darauf zurück – und gibt ehrliche Einblicke. «Ich habe wahnsinnig geschrien, aus Frustration eigentlich», schildert der achtfache Gesamtweltcupsieger. «Das ist jetzt nicht wirklich, das ist gerade nicht passiert», erinnert er sich an seine ersten Gedanken.
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Denn damit platzte auch der Traum von einem Auftritt an den Weltmeisterschaften in Saalbach-Hinterglemm. «Einmal noch bei der Heim-WM dabei sein, das war für mich undenkbar – das wäre schlussendlich der Plan gewesen. Aber ‹hätti, wari, tati› – das gibt es jetzt alles nicht mehr. Da ist ein grosser Traum in einer Millisekunde geplatzt.»
Marcel Hirscher spricht offen über Burn-out
Ein grosser Traum, den der Österreicher fünf Jahre zuvor eigentlich ad acta gelegt hatte. Nach dem achten Gesamtweltcupsieg in Folge beendete der damalige Ski-Dominator seine Karriere. «2019 bin ich – für viele unerwartet – sehr schnell zurückgetreten», blickt Marcel Hirscher zurück.

Die Gründe hatte er damals nur vage angedeutet – mehr Zeit mit der Familie, mit den Kindern. «Es hat damals schon seine Gründe gegeben. Ich habe noch nie darüber geredet, aber ich war mental und körperlich ausgebrannt. Es hat keine Option gegeben, weiterzumachen.»
Reflexion im Ruhestand
«Ich habe einfach die fünf Jahre Zeit gebraucht, um wieder fit zu werden», gibt der Österreicher nun zu. «Ich hatte das grosse Glück, dass ich vorher nie verletzt war. Es hat nie eine Pause gegeben – und ich hatte nie die Zeit, das Ganze zu reflektieren. Irgendwann war der Moment da, in dem ich gemerkt habe, es geht nicht mehr.»

In seinen fünf Jahren als Ski-Rentner hatte der Überflieger dann Zeit zu reflektieren. «Ich habe mir lange schwergetan, meinen Erfolg anzunehmen und anzuerkennen. Und jetzt, auch durch die Verletzung, sage ich rückblickend: Schon ziemlich cool, was damals möglich war und was ich erreichen durfte.»
Lindsey Vonn als Beispiel?
Nach und nach erholten sich Körper und Geist dann, so Marcel Hirscher. Und mit seinem Comeback wollte er vor allem eines: seiner Leidenschaft nachgehen – und zeigen, dass mit Willenskraft fast alles möglich ist. «Wenn man etwas will und aus Überzeugung macht, gibt es einen Weg dorthin», so Hirscher.

«Man sieht es am Beispiel Lindsey Vonn – was ist da geschimpft und blöd geredet worden. Ich finde es beeindruckend, was Lindsey da aushält», sagt der Österreicher. Das Comeback der US-Amerikanerin beobachtet er ohne Neid, wie er sagt. «Ich freue mich riesig, weil das erfordert sehr viel Mut.»
Und sein eigenes Comeback ist, wie er betont, der Liebe zum Skisport geschuldet. «Nach dem Rücktritt waren es sicherlich die wertvollsten fünf Jahre, auch wenn es nicht immer leicht war. Das Rampenlicht war mir völlig egal, ich war sogar richtig froh – es war vielmehr die Frage: Was mache ich mit meiner Zeit? Meiner Leidenschaft nachgehen.»

Aber wie geht es mit der Leidenschaft weiter? Ob Marcel Hirscher im kommenden Winter nochmals auf die Weltcup-Piste geht, ist unklar. Vielleicht macht es der Österreicher ja wie Lindsey Vonn – und visiert Olympia 2026 in Cortina als Schlusspunkt an. Antreten würde er dort aber wieder für die Niederlande ...