Universität Genf: Bluttest für Gehirnerschütterungen
Ein Bluttest soll in Zukunft in kürzester Zeit anzeigen, ob bei einem Patienten eine Gehirnerschütterung vorliegt.
Das Wichtigste in Kürze
- Genfer Forscher entwickeln einen Bluttest für Gehirnerschütterungen.
- Mit Hilfe des Tests sollen milde Schädel-Hirn-Traumata schneller erkannt werden.
Eine Kopfverletzung beim Fussball oder ein Treppensturz sind schnell passiert. Deutlich länger dauert in der Regel die medizinische Abklärung, ob die Betroffenen eine Gehirnerschütterung erlitten haben. Ein neuer Bluttest soll hier Abhilfe schaffen.
Ein einziger Tropfen Blut reiche aus, um innerhalb von zehn Minuten ein mildes Schädel-Hirn-Trauma zu diagnostizieren, teilte die Universität Genf am Montag mit. Entwickelt wurde der von einem Schwangerschaftstest inspirierte Schnelltest von Jean-Charles Sanchez, Professor am Departement für Medizin der Universität Genf, zusammen mit spanischen Kollegen.
Protein lässt auf Risiko schliessen
Sie machten sich dabei die Tatsache zunutze, dass die Konzentration gewisser Proteine im Blut nach einer milden Gehirnverletzung zunimmt. Denn werden bei einem Schlag auf den Kopf Gehirnzellen beschädigt, setzen diese Proteine frei.
Die Forschenden verglichen die Proteinwerte im Blut von Patienten, die sich wegen milder Schädel-Hirn-Traumata in Spitalpflege begaben. Bei einigen der Betroffenen fiel die Computertomografie-Untersuchung (CT) negativ aus. Bei anderen Patienten bestätigte sich hingegen der Verdacht auf ein Schädel-Hirn-Trauma.
Die beiden Gruppen unterschieden sich in ihren Blutwerten, wie die Forscher im Fachjournal «PlosOne» berichten. Die Wissenschaftler konnten vier Moleküle identifizieren, die eine Gehirnverletzung anzeigten: H-FABP, Interleukin-10, S100B und GFAP. «Wir stellten fest, dass alleine der H-FABP-Wert es ermöglicht, bei einem Drittel der Patienten zu bestätigen, dass bei ihnen kein Risiko für ein Trauma vorliegt», wird Sanchez in der Mitteilung zitiert.
Entwarnung oder Spitaleinweisung
Für Betroffene bedeutet dies: Erscheint auf dem Test namens TBIcheck nach zehn Minuten eine Linie, muss die betroffene Person ein Spital aufsuchen, um die Art der Gehirnverletzung per CT zu diagnostizieren.
Bleibt das Testfeld leer, kann der Patient unbesorgt nach Hause gehen. Langwierige Abklärungen im Spital sowie die Strahlendosis der CT bleiben ihm erspart. Langfristig dürfte dies Notaufnahmen entlasten und die Kosten im Gesundheitswesen senken, da CT-Untersuchungen sehr teuer sind.
Die Entwicklung eröffnet laut Sanchez neue Möglichkeiten für schnelle Gesundheitschecks nach einem Unfall, etwa bei einem Boxmatch oder einem Fussballspiel. Dort könnte das Testergebnis darüber entscheiden, ob ein Spieler gefahrlos weitermachen kann. Aber auch in abgelegenen Regionen, etwa nach einem Kletterunfall, könnte der Test beispielsweise in einer Hausarztpraxis zum Einsatz kommen. Ab 2019 soll ein Start-up ihn vermarkten.
Die Forschungsgruppe strebt bereits danach, den aktuellen Test zu verbessern, indem sie die H-FABP- und die GFAP-Werte kombiniert. Dies dürfte es erlauben, der Hälfte der Betroffenen mit Verdacht auf Gehirnverletzung Entwarnung zu geben.
Jedes Jahr werden drei Millionen Menschen in Europa mit Symptomen eines leichten Schädel-Hirn-Traumas in Spitäler eingewiesen. Sie leiden etwa unter Sehstörungen, Erbrechen oder vorübergehender Ohnmacht. Nur bei zehn Prozent von ihnen bestätigt sich allerdings nach der CT der Verdacht.