Wie sich Kamala Harris bei linken Demokraten unbeliebt machte

Kamala Harris ist die erste weibliche Vizepräsidentin der USA. Dennoch sind ausgerechnet die linken Demokraten nicht glücklich mit ihrer Wahl. Warum das so ist.

Nicht alle Demokraten sind begeistert über die Wahl von Kamala Harris. - Keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Zum ersten Mal in der Geschichte der USA wird eine Frau Vizepräsidentin.
  • Bei einigen Demokraten hat sich Kamala Harris jedoch unbeliebt gemacht.
  • Für sie ist die Politikerin mit indischen Wurzeln zu rechts.

Weiss, alt, männlich: So sehen der Präsident der USA und sein Vize in der Regel aus – ein Zustand, den vor allem linksgerichtete Demokraten immer wieder kritisieren. Doch nun, da erstmals eine dunkelhäutige Frau zur Vizepräsidentin gewählt wurde, bleiben beim liberalen Demokraten-Flügel die Jubelschreie aus.

Ab Januar ist Kamala Harris Stellvertreterin von Wahlsieger Joe Biden – und damit die wohl mächtigste Frau der Vereinigten Staaten. Für viele gilt die Kalifornierin mit indischen und jamaikanischen Wurzeln als Hoffnungsträgerin.

So sagte sie am Samstag nach der Verkündung der Wahlergebnisse: «Auch wenn ich die erste Frau in diesem Amt sein mag, werde ich nicht die letzte sein. Denn jedes kleine Mädchen, das heute Nacht zuschaut, sieht, dass dies ein Land der Möglichkeiten ist.»

Doch während die einen von der Politikerin hingerissen sind, hält sich bei anderen die Begeisterung in Grenzen – und das nicht nur unter den Republikanern. Von ihnen wurde Harris im Sommer als die «politisch am weitesten linke Kandidatin für das Vizepräsidium» bezeichnet. Genau das Gegenteil bemängeln linke Demokraten: Für sie ist die Senatorin zu rechts.

Harris bezeichnete sich als «Top Cop»

Angesichts der Polizeigewalt-Proteste ist eine Polizistin als Vizepräsidentin bei vielen Aktivisten derzeit nicht gerade gern gesehen. Während ihrer Amtszeit als stellvertretende Bezirksstaatsanwältin in Kalifornien nahm Harris eine harte Haltung bei der Strafverfolgung ein, wie das US-Portal «Scroll» schreibt. Medienberichten zufolge bezeichnete sie sich selbst als «Top Cop».

Im Jahr 2010 kämpfte Harris zudem aktiv gegen das kalifornische Cannabis-Legalisierungsgesetz. 2018, als Marihuana bereits legal war, wechselte die Politikerin ihren Standpunkt und setzt sich seither für die Entkriminalisierung der Droge ein.

Der prominente US-Cannabis-Aktivist Steve Deangelo bemängelte aber, Harris habe «Null» getan, um die Legalisierung voranzutreiben.

Harris gegen Geschlechtsumwandlung für Transfrau

Auch aus der LGBT-Gemeinschaft hagelt es Kritik. So spricht die LGBT-Plattform «Them» der frischgewählten Vizepräsidentin eine «beunruhigende Akte, was die Gefährdung unserer am stärksten ausgegrenzten Mitglieder angehe» zu.

Die Aussage bezieht sich unter anderem auf folgenden Fall: Im Jahr 2015 verweigerte Kalifornien einer transsexuellen Frau, die in einem Männergefängnis untergebracht war, eine Geschlechtsanpassung. Harris unterstützte den Entscheid. Damit sei das Recht der Frau auf angemessene medizinische Unterstützung verletzt worden, so Kritiker.

Für die einen eine Hoffnungsträgerin, den anderen ein Dorn im Auge: Kamala Harris steht nach der Verkündung der US-Wahlergebnisse neben Joe Biden. - Keystone

Was bei den liberalen Demokraten ebenfalls nicht gut ankommt: 2008 sprach sich Harris gegen eine Massnahme zur Entkriminalisierung von Sexarbeit aus. Sie bezeichnete den Vorschlag als «völlig lächerlich».

Als Generalstaatsanwältin in Kalifornien unterstützte sie zudem zwei Gesetzesvorlagen, die Sexarbeiterinnen die Möglichkeit nehmen sollte, ihre künftigen Klienten auf bestimmten Online-Kanälen zu überprüfen. Damit sei die Sicherheit der Sexarbeiterinnen und Sexarbeiter gefährdet, bemängeln Aktivisten.

Demokraten eine gespaltene Partei

Die Demokratische Partei der USA gilt seit längerer Zeit als gespalten. Auf der einen Seite stehen die Progressiven, die auf Umweltschutz pochen, Minderheiten schützen wollen und gegen ein Abtreibungsverbot kämpfen. Sie stützten im Wahlkampf die linksgerichteteren Senatoren Elizabeth Warren und Bernie Sanders.

Auf der anderen Seite stehen die gemässigten und konservativen Demokraten, die sich für Biden und Harris aussprachen. Für sie liegt der Fokus auf der Schaffung von Arbeitsplätzen und Steuersenkungen.

Während der Vorwahlen flammte der Konflikt auf: Beide Pole versuchten, ihre Kandidaten durchzubringen. Erfolgreich war die konservativere Seite – so erfolgreich gar, dass sie gar die Präsidentschaftswahl für sich entscheiden konnte.