Dieser Journalist ist nach Nawalny Putins Staatsfeind Nummer eins

Wladimir Kara-Mursa kritisierte immer wieder Putin und seinen Ukraine-Krieg. Nun wurde er in eine Strafzelle verlegt – eine Schikane der russischen Justiz.

Wladimir Kara-Mursa steht in einem Glaskäfig im Gerichtssaal in Moskau. - Dmitry Serebryakov/AP/dpa

Das Wichtigste in Kürze

  • Kreml-Kritiker Wladimir Kara-Mursa fristet derzeit sein Leben in einer Strafzelle.
  • Seine Geschichte erinnert an diejenige von Alexej Nawalny, der in Haft verstarb.
  • Kara-Mursa ist nach zwei Vergiftungen gesundheitlich angeschlagen.

Alexej Nawalny (†47) war wohl der berühmteste Kremlkritiker. Seit dem 16. Februar ist er tot – gestorben unter ungeklärten Umständen in einem sibirischen Straflager.

Weltweit sorgte Nawalnys Tod für Bestürzung. Menschenrechtler warfen dem russischen Machtapparat Mord vor.

Mit der Schikane von politischen Oppositionellen ist nach dem aufsehenerregenden Fall Nawalny allerdings nicht Schluss. Nun gibt es offenbar einen neuen Staatsfeind Nummer eins: den russisch-britischen Journalisten Wladimir Kara-Mursa.

Der 42-Jährige war im April 2023 unter dem Vorwurf des Hochverrats zu 25 Jahren Lagerhaft verurteilt worden. Es ist die höchste Strafe, die bisher gegen einen Oppositionellen in Russland verhängt wurde.

Er gilt international als politischer Gefangener: Denn seit Jahren kritisiert er die Politik von Kremlchef Wladimir Putin – einschliesslich des Angriffskrieges gegen die Ukraine.

Kürzlich wurde Kara-Mursa seinem Anwalt zufolge in einer sibirischen Strafkolonie eine Strafzelle verlegt. Dort gelten erschwerte Haftbedingungen.

Der kuriose Grund: Der Gefangene habe seine Hände für einige Sekunden vom Rücken genommen, um seine Mütze an ihren vorgeschriebenen Platz zu legen. Es wird befürchtet, dass das Regime so nach Nawalny einen weiteren politischen Gegner ausschalten will.

«Düsternis und Verzweiflung»

Die Verlegung in solche Strafzellen sind häufig genutzte Schikanen der Gefängnisverwaltung speziell für politische Gefangene. Die Bedingungen dort sind besonders hart. Die Zelle ist sehr beengt, die Benutzung der Betten nach dem Wecken verboten, der tägliche Spaziergang im Hof beschränkt.

Nach Nawalnys Tod appellierte Kara-Mursa aus der Haft heraus an andere politische Gegner Putins durchzuhalten: «Wenn wir uns der Düsternis und Verzweiflung hingeben, ist das genau das, was sie wollen.»

Unterstützer sehen Straflager als Todesurteil

Kara-Mursa hat zweimal rätselhafte Vergiftungen in Russland nur knapp überlebt. Laut seiner Ehefrau wurden bei Kara-Mursa infolgedessen schwere Nervenschäden diagnostiziert. Seine Unterstützer betonen mit Blick auf seinen Gesundheitszustand immer wieder, dass 25 Jahre in einem russischen Straflager einem Todesurteil gleichkämen.

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Recherchen der Investigativgruppe Bellingcat zufolge wurde Kara-Mursa von den Agenten des russischen Inlandsgeheimdienstes FSB verfolgt. Diese sollen auch in den Giftanschlag auf Nawalny im Jahr 2020 verwickelt sein.