Disney+ bietet viel Glanz mit wenig Substanz
Der Streaming-Dienst des Milliardenkonzerns ist in der Schweiz gestartet. Wie behauptet sich Disney+ gegen die Konkurrenz?
Das Wichtigste in Kürze
- Disney+ ist seit dem 24. März 2020 in der Schweiz verfügbar.
- Im Abonnement sind über 500 Filme und 350 Serien enthalten.
- Das Angebot richtet sich primär an Kinder, Eltern und Junggebliebene.
Anbieter wie Netflix, Amazon Prime Video oder Sky Show buhlen um die Gunst des Zuschauers. Mit Disney+ prescht nun ein mächtiges Unternehmen in den Streaming-Markt.
Einwohner aus Kanada, den USA sowie Niederlanden konnten bereits seit dem 12. November 2019 den neuen Service von Disney nutzen. Ab dem 24. März 2020 ist der Dienst in der Schweiz und weiteren Ländern wie Deutschland und Grossbritannien verfügbar.
Disney+ kostet CHF 9.90 im Monat und CHF 99.00 jährlich. Es ist möglich, bis zu sieben personalisierte Profile anzulegen.
Hierzulande gibt es eine kleinere Auswahl als in den USA. Viele Inhalte sind – abgesehen von den neuesten Kinofilmen «Frozen II» oder «Onward»– vorhanden.
Sie werden später hinzugefügt, was ebenso auf «Toy Story 4» (11. April) und «Avengers: Endgame» (24. September) zutrifft.
Das Angebot von Disney+
Der Konzern ist in den letzten Jahrzehnten enorm gewachsen. Im Jahre 2006 wurde Pixar vollständig aufgekauft und 2009 holte man Marvel Entertainment ins Boot. 2012 erhielt man die Rechte an «Star Wars» von George Lucas für mehr als vier Milliarden US-Dollar. Im letzten Jahr erfolgte die Übernahme der Produktionsfirma 21st Century Fox.
Ein umfangreicher Katalog aus unzähligen Disney-Produktionen steht zur Verfügung. Die Auswahl erstreckt sich von den Anfangszeiten bis heute. Nicht alles, was jemals unter dem Firmenlogo veröffentlicht wurde, hat den Weg ins Sortiment gefunden. So bleibt zum Beispiel der wegen rassistischen Darstellungen kontroverse «Onkel Remus' Wunderland» («Song of the South») aussen vor.
Insgesamt stehen mehr als 500 Filme und 350 Serien auf Abruf bereit. Nostalgiker finden Zuflucht bei lieb gewonnenen Zeichentrickserien wie «Darkwing Duck», «DuckTales» oder «Goofy & Max». Dazu gesellen sich beliebte Marken wie «Die Simpsons» und viele Natursendungen des Fernsehsenders «National Geographic».
Jeff Goldblum, existenzielle Fragen und treue Hunde
27 Eigenproduktionen sind unter dem Titel «Originals» vorhanden. Darunter befinden sich diverse Kurzfilme, Dokumentationen, Serien und Spielfilme. Davon ragt nur wenig heraus. Verglichen mit dem quantitativen Überangebot seitens Netflix ist dies allerdings fast ein Segen.
Im seriellen «The World According to Jeff Goldblum» geht der Schauspieler verschiedenen Thematiken wie Schuhe oder Videospielen auf den Grund. Der Informationsgehalt ist gering. Goldblum bügelt den fehlenden Tiefgang mit seinem verschrobenen Charme aus.
Unterhaltung mit kleinem Lerneffekt bieten die knappen Episoden von «Forky hat eine Frage». Darin stellt die Mischung aus Gabel und Löffel («Göffel») knifflige Fragen. Figuren aus dem Universum von «Toy Story» versuchen, ihm eine passende Antwort zu geben.
«Togo» lockt dagegen mit Vierbeinern und dem Hauptdarsteller Willem Dafoe. Es geht um den Schlittenhundeführer Leonhard Seppala (Dafoe).
Seppala muss im Winter 1925 ein Antiserum für eine Diphtherie-Epidemie in eine Kleinstadt bringen. Dazu wählt er Togo als Leithund aus. Der Abenteuerfilm basiert auf einer wahren Geschichte.
Disney blickt in die Sterne
Die Hauptattraktion ist «The Mandalorian». Die Serie aus dem «Star Wars»-Kosmos geht zu den Wurzeln der Weltraumsaga zurück. So bringt sie unter anderem Western mit fernöstlichen Einflüssen unter einen Hut.
Ernüchternd: Anfangs stehen nur zwei von acht Folgen abrufbereit. Die dritte Episode kann man ab dem 27. März 2020 sehen. Danach geht es im Wochenrhythmus weiter, genau wie letztes Jahr beim ursprünglichen Start.
Damit ist «Star Wars» noch nicht abgedeckt. Die Animationsserie «The Clone Wars» läuft ebenso auf Disney+.
Ab dem 27. März gibt es wöchentlich jeden Freitag zwei Episoden der finalen Staffel, ehe man sich am 17. April mit einer Folge dem Zyklus der USA anpasst.
Mickrig sieht es bezüglich zukünftiger Produktionen für Disney+ aus. Derzeit befinden sich mehrere Live-Action-Serien aus den Marvel-Studios in der Mache. Zumindest «Falcon and the Winter Soldier» soll mitsamt «WandaVision» dieses Jahr erscheinen. Ein wirkliches Schwergewicht steht abgesehen von der zweiten «The Mandalorian»-Staffel im Oktober nicht mehr vor der Tür.
Simple Benutzeroberfläche und Bedienung
Nebst den Landessprachen Deutsch, Französisch und Italienisch steht auch Englisch als Option bereit. Die komfortable Bedienoberfläche erinnert mit ihren Kacheln deutlich an Netflix. Vor- und Abspanne lassen sich wie beim Konkurrenten überspringen.
Der Algorithmus gibt Empfehlungen aufgrund gesehener Sendungen. Desweiteren sind die Inhalte in Kategorien («Animierte Filme», «Marvel Cinematic Universe», «Musicals») und unterschiedliche Genres aufgeteilt. Lediglich das Suchen gestaltet sich umständlich. Manchmal wird nur ein Bruchteil des Angebots ersichtlich.
Fazit
Disney+ will den umkämpften Video-on-Demand-Markt ordentlich aufmischen. Dafür hat man besonders eine junge Zielgruppe und Familien im Auge. Wer hingegen Inhalte mit Altersangaben über 12 Jahren konsumieren möchte, schaut komplett in die Röhre.
Das Publikum wird mit zahlreichen Filmen, Serien und Dokumentationen angesprochen. Diese Strategie funktioniert kurzfristig.
Die Anzahl neuer Eigenproduktionen fällt gering aus. Langfristig gesehen wird es für Disney schwierig, sich neben dem derzeitigen Marktführer Netflix zu etablieren.
Die digitale Traumfabrik hat ab sofort geöffnet.