Deutsche FDP für Corona-Aufarbeitung und gegen Massnahmen-Herbst
Der Herbst scheint noch weit weg. Die FDP macht jedoch bereits deutlich, unter welchen Voraussetzungen sie Massnahmen gegen das Coronavirus mitträgt.
Das Wichtigste in Kürze
- Die deutsche FDP ist prinzipiell gegen neue Corona-Massnahmen im kommenden Herbst.
- Nur unter klaren Voraussetzungen werde man solche Regeln befürworten.
- Zudem spricht sich die Partei für eine Aufarbeitung der Corona-Politik aus.
FDP-Vize Wolfgang Kubicki hat eine parlamentarische Aufarbeitung der Corona-Politik gefordert und deutlich gemacht, dass seine Partei mögliche erneute Corona-Einschränkungen im Herbst nur unter strengen Voraussetzungen mittragen wird.
«Einen weiteren Herbst und Winter wird es nicht geben, in denen wegen eines diffusen Datennebels Grundrechtsbeschränkungen vorgenommen werden», sagte der Bundestagsvizepräsident der Deutschen Presse-Agentur. Bildungsgewerkschaften fordern derweil bereits Vorkehrungen für das kommende Schuljahr.
Kubicki warf dem Bundesgesundheitsministerium und dem Robert Koch-Institut vor, in mehr als zwei Jahren Pandemie nicht in der Lage gewesen zu sein, «vernünftig nutzbare Daten zu erheben».
Eine erneute Änderung des Infektionsschutzgesetzes, um strengere Massnahmen wieder möglich zu machen, werde es mit den Freien Demokraten nur geben, wenn diese Änderung ausreichend wissenschaftlich begründet werden könne. Und nicht mehr auf blossen Behauptungen fusse, wie das in der Vergangenheit fast durchgängig der Fall gewesen sei.
Aktuell Maskenpflichten nur in wenigen Bereichen erlaubt
Nach dem aktuell gültigen Infektionsschutzgesetz sind etwa Maskenpflichten noch in wenigen Bereichen wie Arztpraxen oder öffentlichen Verkehrsmitteln erlaubt, in Schulen darf es noch Testpflichten geben. Um weitergehende Massnahmen anordnen zu können, müssen die Bundesländer per Landtagsbeschluss Regionen zu Hotspots erklären. All diese Regeln dürfen laut Gesetz aber nur bis zum 23. September angewandt werden.
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach hatte sich schon im April dafür ausgesprochen, das Infektionsschutzgesetz bis zum Herbst so zu ändern, dass es wieder die bekannten Eindämmungsmassnahmen ermöglicht. Auch der Präsident des Deutschen Lehrerverbands, Heinz-Peter Meidinger ist dafür, damit etwa Maskenpflichten an Schulen wieder verordnet werden können.
«Die Politik macht beim Thema Pandemie und Schule schon wieder ihre Hausaufgaben nicht», hatte er dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) gesagt. Seiner Meinung nach könnten in einer möglichen Corona-Herbstwelle Masken «ein entscheidender Faktor» sein, um Schulen geöffnet zu halten. Der Bund müsse deshalb das Infektionsschutzgesetz schnell noch einmal anpassen.
Finnern: Grundlagen für Maskenpflicht schaffen
Die Vorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft, Maike Finnern, fordert mit Blick auf die Schulen ebenfalls Vorbereitungen auf den Herbst: «Eine gute Teststrategie und das Tragen von Masken in den Gebäuden können dabei auch zukünftig eine entscheidende Rolle spielen. Dafür müssen jetzt die gesetzlichen Grundlagen etwa für eine Maskenpflicht geschaffen werden, damit Massnahmen bei Bedarf schnell und rechtssicher greifen können», sagte sie der dpa.
Kubicki verteidigte die Corona-Politik seiner Partei. Sie hatte in der Ampel-Koalition durchgesetzt, dass Corona-Beschränkungen früher auslaufen als von SPD- oder Grünen-Vertretern befürwortet: «Derzeit zeigt sich, dass der aktuelle Kurs, den die FDP unter heftigen Anfeindungen durchgesetzt hat, nicht zum prognostizierten Zusammenbruch des Gesundheitssystems geführt hat.»
Kommenden Diskussionen über mögliche erneute Verschärfungen blicke er mit grosser Gelassenheit entgegen, sagte der FDP-Vize unter Verweis darauf, dass es dafür einer «positiven Zustimmung aller Koalitionspartner» bedürfe.
Kubicki zu Corona-Politik: «Eine Reihe von Fehlern»
In der Corona-Politik der vergangenen zwei Jahre sind nach Kubickis Ansicht «eine Reihe von Fehlern» gemacht worden. Er nannte die Schulschliessungen, eine «menschenunwürdige» Isolation von Altenheimbewohnern oder die «15-km-Corona-Leine» – zeitweise durften Bürger sich maximal 15 Kilometer von ihrem Wohnort entfernen.
Am meisten habe diese Politik Kindern und Älteren geschadet. «Diesen sind wir einiges schuldig: Ich bin der Ansicht, nur eine vernünftige parlamentarische Aufarbeitung und rückhaltlose Aufklärung kann helfen, Fehler als solche zu erkennen und damit auch gesellschaftliche Gräben zuzuschütten.»