EU will mehr als 20 Unterstützer Lukaschenkos bestrafen

Im Machtkampf in Belarus (Weissrussland) erhöht die EU den Druck auf den autoritären Staatschef Alexander Lukaschenko. Die Aussenminister der Europäischen Union verständigten sich am Freitag auf Sanktionen gegen ranghohe Unterstützer des Präsidenten in Minsk. Lukaschenko zeigte sich von solchen Schritten allerdings unbeeindruckt und drohte mit Gegenmassnahmen.

Alexander Lukaschenko, Präsident von Belarus, dankt seinen Sicherheitskräften. - Keystone

Bundeskanzlerin Angela Merkel warnte unterdessen mit Blick auf Russland vor einer Einmischung von aussen und sprach sich für eine Vermittlerrolle der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) aus. Diese drang bei einer Sondersitzung auf einen Dialog zwischen Regierung und Opposition in der früheren Sowjetrepublik.

Seit der Präsidentenwahl vor knapp drei Wochen kommt es landesweit zu Massenprotesten. Der als «letzter Diktator Europas» verschriene Lukaschenko beansprucht den Sieg für sich. Das Ergebnis von 80,1 Prozent für ihn nach 26 Jahren an der Macht steht als grob gefälscht international in der Kritik. China und Russland hatten hingegen schon am Tag nach der Abstimmung zum Sieg gratuliert.

Die EU treibt nun ihre Sanktionspläne voran. Der EU-Aussenbeauftragte Josep Borrell machte nach dem Aussenministertreffen in Berlin deutlich, dass die zuletzt anvisierte Zahl von rund 20 Personen noch einmal erhöht werde. Den Betroffenen werde vorgeworfen, für Wahlfälschungen und die gewaltsame Niederschlagung von friedlichen Protesten verantwortlich zu sein.

Mit den geplanten Sanktionen will die EU nicht nur Druck auf die belarussische Führung aufbauen, sondern auch ein Zeichen der Solidarität mit den Menschen dort setzen. Überschattet wurde die Grundsatzeinigung von einem heftigen Streit über die Sanktionspolitik der EU. So plädierten die baltischen Staaten erfolglos dafür, deutlich mehr Personen mit Einreiseverboten und Finanzsanktionen zu belegen.

Streit gab es auch, weil es gegen Lukaschenko zunächst keine Sanktionen geben soll. Gegner eines solchen Schrittes befürchten, dass die diplomatischen Bemühungen zur Beilegung des Konflikts erschwert werden könnten und die Bandbreite der Sanktionsmöglichkeiten schon zu stark ausgereizt würde. Es blieb zunächst offen, wann die Grundsatzeinigung in den notwendigen formellen Beschluss umgewandelt werden kann.

Lukaschenko warnte am Freitag einmal mehr davor, Belarus zu einem «Kriegsschauplatz» zu machen. Er behauptet seit Tagen, die Nato-Nachbarländer planten einen Einmarsch. Sie wollten das Land erobern, um den Markt für ihre Produkte zu nutzen. Hingegen lobte Lukaschenko den russischen Präsidenten Wladimir Putin.

Der Kremlchef hatte Belarus zuvor Hilfe zugesichert - einschliesslich Truppen seines Innenministeriums, um im Ernstfall die Proteste gegen Lukaschenko zu unterdrücken. Kremlsprecher Dmitri Peskow sagte der Agentur Interfax zufolge zum Umfang möglicher Hilfen: «Ich kann nichts zu den Waffen sagen. Ihre Zahl ist angemessen genug.»

Merkel zeigte sich beunruhigt über die Ankündigung «Ich hoffe, dass eine solche Truppe nicht zum Einsatz kommt», sagte sie in Berlin. Die Souveränität des Landes müsse geachtet werden und die Menschen hätten das Recht, zu demonstrieren und ihre Meinung frei zu äussern. «Das sollen sie eigenständig, ohne Einmischung von aussen aus jeder Richtung auch realisieren können. Das ist unser Wunsch.»

Die Kanzlerin zeigte sich aber auch zu Gesprächen mit Lukaschenko bereit. «Ich kann ja nicht nur mit dem russischen Präsidenten über Belarus sprechen», sagte die CDU-Politikerin. Der belarussische Präsident habe Gespräche aber bisher abgelehnt.

Er geht stattdessen auf Konfrontationskurs zur EU. Er wies die Regierung an, einen Plan auszuarbeiten, um den Warenverkehr künftig nicht mehr über Litauen abzuwickeln. Das baltische EU-Nachbarland hatte wie auch die anderen Baltenstaaten parallel zu den EU-Sanktionen eigene Strafmassnahmen gegen Minsk beschlossen.

Das südliche Nachbarland Ukraine will auf diplomatische Beziehungen zu Belarus vorerst völlig verzichten. «Erst wenn wir uns davon überzeugen, dass diese Kontakte keinen Rufschaden oder Schäden im moralischen und politischen Sinne für die Ukraine haben werden, dann werden die Kontakte wieder erneuert», sagte Aussenminister Dmitri Kuleba im ukrainischen Fernsehen. Anlass sei unter anderem das harte Vorgehen der Sicherheitskräfte in Belarus gegen Demonstranten.

Zu Beginn der Protestwelle waren die Sicherheitskräfte teils brutal gegen überwiegend friedliche Demonstranten vorgegangen. Danach hielt sich die Polizei weitgehend zurück. Seit Tagen gibt es wieder vermehrt Festnahmen. Das Menschenrechtszentrum Wesna zählte allein in der Nacht zum Freitag mehr als 260 Menschen, die von Sicherheitskräften festgenommen worden.

Nach Angaben des belarussischen Journalistenverbandes kamen auch etwa 50 Journalisten vorübergehend in Polizeigewahrsam. Die meisten seien nach einer Überprüfung ihrer Dokumente wieder freigekommen. Betroffen waren demnach auch ausländische Medienschaffende, darunter eine Korrespondentin der Deutschen Welle und ein ZDF-Kamerateam. Merkel bezeichnete das Vorgehen als «nicht akzeptabel».