Faktencheck zum Anti-CDU-Video: Hat Rezo recht?
Frontalangriff auf die CDU: In seinem fast eine Stunde langen Video macht der Youtuber Rezo der Volkspartei jede Menge Vorwürfe - etwa zu Armut und Klima. Zwei Behauptungen im Check.
Das Wichtigste in Kürze
- Millionenfach wurde das Anti-CDU-Video des Youtubers Rezo geklickt.
Unter anderem hält er den Christdemokraten vor, beim Klimawandel untätig zu sein und Politik für Reiche zu machen. Die Union weist die Vorwürfe zurück. Doch was ist dran? Zwei Beispiele.
REZO SAGT: CDU und SPD bauten 80.000 Arbeitsplätze in der Solarbranche (in den Jahren 2012 bis 2015) ab und hielten an 20.000 Arbeitsplätzen in der Kohle-Industrie fest.
FAKTEN: Rezo bezieht sich mit seinen Zahlen auf die Aussagen von Volker Quaschning, einem Professor für Regenerative Energiesysteme in Berlin. Tatsächlich hatte die Bundesregierung im Jahr 2012 die Förderbeträge für Solarenergie geändert. Das machte die Nutzung von Photovoltaik weniger attraktiv - und führte zu einem Abbau von Arbeitsplätzen in der Solarbranche.
Allerdings war auch die ausländische Konkurrenz in den Jahren zuvor immer stärker geworden. Die gesunkenen Preise hatten die heimische Photovoltaik-Industrie ebenso belastet. Vor allem aber regierte im Jahr 2012 die Union mit der FDP - und nicht mit der SPD, wie Rezo behauptet.
Laut Bundeswirtschaftsministerium hat sich die Zahl der Beschäftigten bei den Erneuerbaren Energien von 2000 bis 2016 mehr als verdreifacht: Von rund 100.000 Menschen auf knapp 340.000. Im Gegenzug ist die Zahl der Menschen, die in der Kohlebranche arbeiten, auf rund ein Drittel gesunken. Direkt in der Braunkohle-Industrie arbeiten nach Angaben des Branchenverbandes rund 21.000 Menschen. Die Zahl blieb seit 2005 recht konstant. Dazu kommen rund 5700 Menschen in der Steinkohle - rund 85 Prozent weniger als im 2005.
Der Ausstieg aus der Kohle ist eine Entscheidung, an der mehrere politische, wirtschaftliche und gesellschaftliche Gruppen beteiligt waren. Die Umweltorganisation BUND nannte es einen «gesellschaftlichen Grosskonflikt». Auch der BUND hat dem Kohlekompromiss mit dem Ausstieg bis zum Jahr 2038 im Grundsatz zugestimmt. In einem sind sich Rezo, der BUND und etwa auch das Umweltbundesamt einig: Kohle ist für das Klima eine bedenkliche Energiequelle.
REZO SAGT: Die Schere zwischen Arm und Reich gehe immer weiter auseinander. «Die ärmsten 50 Prozent haben immer weniger Geld und die reichsten 10 (Prozent) immer mehr Geld. Dazu stieg die Armut in Deutschland in den letzten Jahren konstant an.»
FAKTEN: Rezos Aussage bezieht sich auf eine Untersuchung des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW). In der entsprechenden DIW-Pressemitteilung von Januar 2018 steht: «Der Einkommensanteil der unteren 50 Prozent sank von 26 Prozent im Jahr 1995 auf knapp 17 Prozent im Jahr 2013.» Aus dieser Quelle zu schlussfolgern, dass die unteren 50 Prozent immer weniger Geld hätten, ist falsch. Zu erkennen ist allerdings: Der wirtschaftliche Aufschwung kommt nicht bei allen gleichermassen an.
Die DIW-Untersuchung wurde anhand der Bruttoeinkommen gemacht - also bevor zum Beispiel Steuern vom Gehalt abgezogen oder geringe Einkommen mit Sozialleistungen vom Staat aufgestockt wurden. Wie viel Geld am Ende auf dem Konto ankommt, ist aus der Studie nicht abzulesen.
Der DIW-Wissenschaftler Markus Grabka sagte allerdings der Deutschen Presse-Agentur: «Die Bezieher von niedrigen Einkommen sind in den letzten Jahren mehr geworden.» Zudem sind in dieser Gruppe die Einkommen gesunken. Während es also für die Mehrheit der Deutschen beim Geld bergauf ging, nahmen für die unteren 10 Prozent seit 2010 trotz guter Wirtschaftslage und geringer Arbeitslosigkeit die realen Einkommen ab. Das zeigt ein jüngst veröffentlichter DIW-Bericht.
Die Zahl der Niedriglohn-Bezieher ist in den vergangenen Jahren gewachsen - und sie verfügen zugleich über weniger Einkommen. Wenn Rezo das mit seinem plakativen Satz («dazu stieg die Armut in Deutschland in den letzten Jahren konstant an») meint, dann hat er Recht. Bezogen auf die Hälfte der Bevölkerung ist die Aussage aber falsch.