Internationaler Strafgerichtshof erlässt Haftbefehl gegen Putin
Der Internationale Strafgerichtshof erlässt Haftbefehl gegen Russlands Präsidenten. Ihm werden Kriegsverbrechen vorgeworfen.
Das Wichtigste in Kürze
- Der Internationale Strafgerichtshof hat gegen Putin Haftbefehl erlassen.
- Der Vorwurf: «unrechtmässige Deportation» ukrainischer Kinder nach Russland.
- Laut der Ukraine sind 16'000 Kinder verschleppt worden.
Russland führt seit über einem Jahr Krieg gegen die Ukraine. Nun erlässt der Internationale Strafgerichtshof Haftbefehl gegen Wladimir Putin. Das teilte das Gericht am Freitag in Den Haag mit. Russlands Präsident wird vorgeworfen, für Kriegsverbrechen verantwortlich zu sein.
Gegen Putin sei wegen der «unrechtmässigen Deportation» ukrainischer Kinder nach Russland Haftbefehl ergangen, erklärte das Gericht mit Sitz in Den Haag am Freitag. Ein weiterer Haftbefehl erging demnach gegen die Kinderrechtsbeauftragte des russischen Präsidenten, Maria Alexejewna Lwowa-Belowa, wegen des gleichen Vorwurfs.
Putin soll «persönlich» für Kindes-Verschleppungen verantwortlich sein
Es bestünden «vernünftige Gründe» für die Annahme, dass Putin für die als Kriegsverbrechen einzustufende Verschleppung von Kindern auf russisches Territorium «persönlich verantwortlich» sei, erklärte der Strafgerichtshof. Die Verbrechen hätten in den russisch besetzten Gebieten in der Ukraine «mindestens ab dem 24. Februar 2022», dem Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine, eingesetzt.
Nach Angaben der ukrainischen Regierung wurden bis Februar dieses Jahres mehr als 16'000 Kinder aus der Ukraine nach Russland oder in russisch kontrollierte Gebiete verschleppt. Der IStGH hatte bereits unmittelbar nach Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine Ermittlungen aufgenommen.
Russischer Aussenpolitiker: Haftbefehl gegen Putin «ungeheuerlich»
In Russland hat der prominente Aussenpolitiker Leonid Sluzki entsetzt auf den Haftbefehl des Internationalen Gerichtshofs in Den Haag gegen Putin reagiert. «Solche Anschuldigungen sind einfach ungeheuerlich, sie fallen nicht einmal unter die Definition von »absurd«», teilte Sluzki am Freitag kurz nach Bekanntwerden der Nachricht aus Den Haag mit.
Bis dahin hatten russische Nachrichtenagenturen noch nicht einmal über den Haftbefehl berichtet. Sluzki, der Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses der Staatsduma ist, wagte sich als einer der ersten Politiker aus der Deckung.
Kreml: Entscheidung rechtlich unbedeutend
Der Kreml hat den Haftbefehl des Internationalen Strafgerichtshofs in Den Haag gegen Präsident Wladimir Putin wegen Kriegsverbrechen in der Ukraine als rechtlich nichtig bezeichnet. «Allein die Formulierung der Frage halten wir für unverschämt und inakzeptabel», sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow der staatlichen russischen Nachrichtenagentur Tass zufolge am Freitag.
«Russland erkennt – wie eine Reihe anderer Staaten – die Rechtsprechung dieses Gerichts nicht an. Entsprechend sind Entscheidungen dieser Art für Russland vom rechtlichen Standpunkt unbedeutend.»
Peskow wollte sich nach Angaben der russischen Agenturen nicht dazu äussern, ob eine drohende Verhaftung des Kremlchefs in Ländern, die das Gericht anerkennen, sich auf die Reisepläne Putins auswirken könnte. «Ich habe zu dem Thema nichts mehr zu sagen.»
Putins Reisemöglichkeiten könnten eingeschränkt werden
Unabhängige russische Medien kommentierten, dass durch den Haftbefehl Putins Reisemöglichkeiten eingeschränkt werden könnten. Viele Länder, darunter auch Verbündete Russlands, erkennen die Zuständigkeit des Weltstrafgerichts an und haben das entsprechende Statut ratifiziert. «Im Fall eines Besuchs Putins in einem dieser Länder, werden die örtlichen Behörden ihn verhaften müssen», sagte der Anwalt Sergej Golubok dem Portal MO.
Ukraine begrüsst Haftbefehl gegen Kremlchef Putin
Die ukrainische Führung hat die Haftbefehle gegen Putin und Lwowa-Belowa als «historisch» begrüsst. «Das bedeutet, dass sie jetzt auf dem Gebiet der Länder festgenommen werden können, die das Römische Statut unterzeichnet haben», erläuterte der Chef des Präsidentenbüros in Kiew, Andrij Jermak, im Nachrichtenkanal Telegram. Er betonte, dass Kiew systematisch mit dem Gerichtshof zusammenarbeite.
Der ukrainische Generalstaatsanwalt Andrij Kostin lobte die Entscheidung als Signal für die Welt, dass das «russische Regime» verbrecherisch sei. «Die Führer der Welt werden jetzt dreimal überlegen, bevor sie ihm (Putin) die Hand geben oder sich mit ihm an den Verhandlungstisch setzen», teilte er mit.
Putin nach Haftbefehl keine Persona non grata für UN-Chef
Die Vereinten Nationen haben eine direkte Reaktion auf den Haftbefehl des Internationalen Strafgerichtshofs in Den Haag gegen Russlands Präsident Wladimir Putin vermieden.
Der Sprecher von UN-Generalsekretär António Guterres, Stephane Dujarric, betonte am Freitag lediglich, dass Putin für den UN-Chef wegen der Entscheidung keine Persona non grata sei: «Der Generalsekretär wird immer mit jedem sprechen, mit dem es nötig ist zu sprechen». Dujarric sagte weiter, dass der Internationale Strafgerichtshof (ICC) und die Vereinten Nationen getrennte Organisationen seien.