Kreml stoppt Abkommen zum Export von ukrainischem Getreide

Eigentlich sollte das Getreideabkommen erst heute Abend auslaufen. Nun hat Russland das wichtige Abkommen bereits vor der offiziellen Frist gestoppt.

Getreidesilos im Hafen von Odessa. - dpa

Das Wichtigste in Kürze

  • Russland schiebt dem Getreide-Deal den Riegel vor.
  • Man kehre erst wieder zur Vereinbarung zurück, wenn die Forderungen erfüllt seien.
  • Das Getreideabkommen hätte eigentlich noch bis am Montagabend gegolten.

Russland hat das Abkommen zur Verschiffung von ukrainischem Getreide über das Schwarze Meer gestoppt. Sobald alle russischen Forderungen für den Export seines eigenen Getreides erfüllt seien, kehre Moskau wieder zur Erfüllung der Vereinbarung zurück, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow am Montag der staatlichen russischen Nachrichtenagentur Tass zufolge.

Die Vereinbarung mit Russland und der Ukraine hatte nach mehreren Verlängerungen offiziell bis zum späten Montagabend (23.00 Uhr MESZ) gegolten.

Ein Bagger verlädt in einem Getreidehafen im Süden der Ukraine Getreide in ein Frachtschiff (Archivbild). - Andrew Kravchenko/AP/dpa

Peskow dementierte, dass die Attacke auf die Krim-Brücke vom Montag Auswirkungen auf die Zukunft des Getreideabkommens habe. «Das sind zwei nicht miteinander verbundene Ereignisse. Sie wissen, dass noch vor dem Terroranschlag, die Position von Präsident Putin geäussert wurde», sagte er am Montag. Russlands Präsident Wladimir Putin hatte erklärt, dass die Grundlagen fehlten für eine Verlängerung der Vereinbarung.

Keine Getreide-Ausfuhren mehr

Damit kommt der Transport von Millionen Tonnen von ukrainischem Getreide, vor allem Mais und Weizen, über den Seeweg zum Erliegen, obwohl die Ausfuhren vor allem für ärmere Länder wichtig sind.

Kremlchef Putin hatte sich bis zuletzt gegen eine Verlängerung gesperrt. Aus seiner Sicht wurden Versprechen, die Russland im Zuge der Vereinbarung gemacht wurden, nicht erfüllt. Am Donnerstag hatte Putin von der Möglichkeit gesprochen, die Beteiligung Russlands an dem Abkommen so lange auszusetzen, bis die Zusagen erfüllt seien.

Als Gegenleistung forderte Moskau Erleichterungen bei den Sanktionen für seine Dünge- und Lebensmittelexporte, etwa bei Versicherungen, Fracht und auch der Finanzierung. Konkret hatte Russland gefordert, dass seine staatliche Landwirtschaftsbank von den Sanktionen des Westens befreit wird, um Geschäfte abwickeln zu können.

Sorge vor Hungerkrise in ärmsten Ländern

Russland hatte nach Beginn seines Angriffskriegs gegen die Ukraine auch die Seehäfen des Nachbarlands blockiert. Da die Ukraine ein wichtiger Agrarexporteur ist, wuchs weltweit die Sorge vor steigenden Lebensmittelpreisen und Hungerkrisen in den ärmsten Ländern.

Im vergangenen Sommer wurde dann unter Vermittlung der Vereinten Nationen und der Türkei das sogenannte Getreideabkommen ausgehandelt. Das ermöglichte der Ukraine eine Ausfuhr über das Schwarze Meer, allerdings nur in beschränktem Umfang. Vertreter der UN, Russlands, der Ukraine und der Türkei kontrollierten die Schiffsladungen in Istanbul. Das Abkommen wurde mehrfach verlängert, zuletzt Mitte Mai um zwei Monate.

ARCHIV - Frachtschiffe liegen vor Anker und warten auf die Durchfahrt durch die Bosporusstrasse. Foto: Khalil Hamra/AP/dpa - sda - Keystone/AP/Khalil Hamra

Die Ukraine und Russland sind wichtige Lieferanten von Weizen, Gerste, Sonnenblumenöl und anderen Nahrungsmitteln für Länder in Afrika, im Nahen Osten und in Teilen Asiens. Vor Kriegsbeginn im Februar 2022 lieferten sie fast ein Viertel der Getreideexporte weltweit. Russland war ausserdem der weltweit grösste Exporteur von Düngemitteln.

2022 konnte die Ukraine trotz des Krieges auch dank des Getreidedeals mehr als 38 Millionen Tonnen Getreide exportieren und dabei Erlöse von umgerechnet über 8 Milliarden Euro erzielen. Die Einnahmen sind wichtig für den Staatshaushalt des Landes, das sich gegen den russischen Angriffskrieg zur Wehr setzt. Knapp 75 Prozent der Exporte gingen über die Häfen am Schwarzen Meer und der Donau ins Ausland. Gegenüber 2021 ging der Seeexport damit um etwa 23 Prozent zurück.