Niederlande: Uneinigkeit bei Asylpolitik sorgt für Regierungsbruch

Im Streit um die Asylpolitik ist die niederländische Regierung zerbrochen. Ministerpräsident Rutte hat den Rücktritt seines Kabinetts eingerichtet.

Ministerpräsident Rutte erwähnt bei einer Rede die Uneinigkeiten zur Asylpolitik. - keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Das Thema Migrationspolitik wurde in den Niederlanden als unüberbrückbar eingestuft.
  • Der Streit um den Familiennachzug führte zum Kabinetts-Rücktritt durch Rutte.
  • König Willem-Alexander unterbricht seinen Urlaub für eine Krisensitzung.

König Willem-Alexander ist zur Krisenanhörung frühzeitig aus seinem Urlaub in die Niederlande zurückgekehrt. Der Ministerpräsident Mark Rutte wird heute von ihm erwartet, um die Lage zu erklären. Nach einem Streit um die Asylpolitik war die niederländische Regierung gestrigen Abend zerbrochen.

Die Spitzen der vier Koalitionsparteien beendeten die letzte Krisensitzung in Uneinigkeit. Thema war die angestrebte Verschärfung der Asylpolitik, bei der kein Kompromiss erzielt werden konnte. Freitagabend bot Rutte dem niederländischen König daraufhin schriftlich den Rücktritt des Kabinetts an. Im Schloss Huis ten Bosch bei Den Haag soll er dem König heute die Lage erläutern.

Bruch bei Asylpolitik macht Neuwahlen notwendig

Die Unterschiede bei den Regierungsparteien in der Frage seien unüberbrückbar, sagte Rutte am Abend. Er bedauerte diesen Schritt, aber dies sei «eine politische Realität». Rutte liess offen, ob er erneut bei einer Neuwahl antreten werde. Diese würde nach Einschätzung von Beobachtern wohl erst im November stattfinden.

Die vierte Regierung des Rechtsliberalen war seit Anfang 2022 im Amt. Rutte selbst ist seit knapp 13 Jahren Regierungschef der Niederlande.

König Willem-Alexander und Königin Maxima 2020. Der diesjährige Urlaub wird aufgrund des Streits um die Asylpolitik unterbrochen. - keystone

Knackpunkt bei der Krisensitzung in Den Haag war eine Beschränkung des Familiennachzugs von Flüchtlingen, die sich bereits im Land aufhalten. Ruttes rechtsliberale Partei VVD hatte die Beschränkung gefordert. Anderen Parteien ging die Forderung zu weit.

Die Niederlande kämpfen mit einer vor allem hausgemachten Asylkrise: Um zu sparen, hatte die Regierung Personal und Plätze in Aufnahmezentren gestrichen. Die Wartezeit für die Bearbeitung von Asylanträgen wurde immer länger. Zusätzlich sorgt die allgemeine Misere auf dem Wohnungsmarkt dafür, dass kaum Plätze in den Wohnheimen frei werden.

Vertrauenskrise in der niederländischen Politik

In der niederländischen Politik herrscht eine grosse Vertrauenskrise. Darin wird der Asylstreit unter anderem als ein vorgeschobener Grund für das Auseinanderbrechen der Regierung gesehen. Bei vielen wichtigen Themen werden von der Vier-Parteien-Regierung kaum Entscheidungen getroffen, alles stockt.

Dieser Stillstand dürfte sich bis zu einer Neuwahl kaum auflösen – die Befürchtung wurde am Freitagabend bereits laut. Neben der Asylpolitik sorgen sich die Menschen in den Niederlanden auch um die Wohnungsnot, die Energiewende sowie die Klimapolitik. Einer der grossen Konflikte ist die Zukunft der Landwirtschaft angesichts angekündigter Umweltauflagen.

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Dass das Zerbrechen der Koalition die Sacharbeit der weiter amtierenden Regierung bremsen wird, zeigt sich bereits am kommenden Montag. An dem Tag war ursprünglich ein Arbeitsbesuch in der von Folgen der Erdgasförderung betroffenen Region Groningen geplant. Stattdessen wird Rutte ausserplanmässig dem Parlament zur Krise Rede und Antwort stehen. Wirtschaftsverbände pochen bereits darauf, dass wichtige Entscheidungen mit Blick auf Arbeitsmarkt und Kaufkraft der Bevölkerung nicht aufgeschoben werden können.