Grüne Bundesratskandidatur bekommt wissenschaftliche Unterstützung

Fast 100 Professoren von Schweizer Universitäten fordern in einem offenen Brief einen Grünen Sitz im Bundesrat. In der Poleposition: Die Grüne Regula Rytz.

Grünen-Präsidentin Regula Rytz kandidiert für den Bundesrat. - Keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Knapp 100 Wissenschaftler aus der ganzen Schweiz fordern grüne Bundesrätin.
  • In einem offenen Brief raten sie dem Parlament, nach Fakten, statt Parolen, abzustimmen.
  • Der Grüne Sitz im Bundesrat könne keine weiteren vier Jahre warten.

Man dürfe jetzt nicht voreilig handeln, finden die einen. Die Zauberformel habe doch immer gut funktioniert, die andern. Die Grünen müssten ihr Resultat nun erstmal halten, sich beweisen, finden die dritten.

Als Parteipräsidentin Regula Rytz aufstand und den Bundesratssitz für sich beanspruchte, ging ein weiteres Raunen durch die Reihen. Schon sehr, also sehr selbstbewusst, befand man.

Grüne wollen nicht mehr warten

Abwarten, so der politische Grundtenor zum Grünen Wunsch nach einem eigenen Bundesrat. Doch genau dafür ist es beim Klima nun zu spät.

Dieser Meinung ist ein Grossteil der Schweizer Stimmbürgerinnen. Dieser Meinung sind auch die Schüler, welche mit Parolen und Plakaten nach Klimaschutz verlangen. Und dieser Meinung sind auch knapp 100 Wissenschaftler aus der ganzen Schweiz.

Retten, was zu retten ist: Helfer rollen im Hochsommer schützende Planen auf dem Tortin-Gletscher in der Schweiz aus. Foto: epa Keystone Olivier Maire/epa Keystone/dpa - dpa-infocom GmbH

Die Professoren haben einen offenen Brief verfasst. Darin fordern sie nichts weniger, als ein grünes Bundesratsmitglied. Nicht in vier Jahren, sondern jetzt. Die Wissenschaftler stammen von den Universitäten Lausanne, Neuenburg, Zürich, Genf, Freiburg und Bern.

Offener Brief für Grüne Bundesrätin

Im Brief werden die Parlamentsmitglieder aufgefordert, «in voller Kenntnis der Fakten und nicht auf der Grundlage von parteipolitischen Parolen» abzustimmen.

Dagegen soll eine Gründe Bundesratskandidatur helfen: Nach Angaben des Umweltbudesamts sollen bis zu 142 Millionen Tonnen Plastikabfälle in den Weltmeeren schwimmen. - dpa

«Angesichts der extremen Dringlichkeit der Situation, des Rechts auf Leben als verfassungsgeschütztes Grundrecht, der Achtung der jungen Generationen, die sich für ihre Zukunft engagieren, und der vielen internationalen Verpflichtungen der Schweiz bedeutet dies, für die Umwelt und damit für die Wahl eines Grünen in den Bundesrat zu stimmen.»

Wissenschaftliche Fakten, statt Partei-Parolen

In ihrem Brief erklären die Wissenschaftler etwa, 65 Prozent aller Ökosysteme der Welt seien vom Menschen verändert worden. Diese Veränderung führe dazu, dass aktuell 25 Prozent aller Spezien auf der Erde vom Aussterben bedroht seien. Das Artensterben sei jetzt bis zu 100 Mal höher, als in den letzten zehn Millionen Jahren.

Auch in der Schweiz seien über 50 Prozent der Arten direkt oder potenziell bedroht. Denn fast die Hälfte der 230 natürlichen Lebensräume der Schweiz hätten durch Menschenhand einen Qualitätsverlust erlitten.

Regula Rytz, die Bundesratskandidatin der Grünen, auf dem Weg zum Hearing bei der GLP-Fraktion. - sda - KEYSTONE/PETER KLAUNZER

Der Bundesrat habe es bisher versäumt, «diese Dynamik umzukehren», so der Brief. Obwohl das Volk, und insbesondere die Jungen, das lautstark gefordert hätten.

Mit dem Einsitz einer Grünen im Bundesrat würde sich das ändern. Davon sind die Wissenschaftler überzeugt. Ihren Brief haben sie als Alarmsignal in der «Le Temps» veröffentlicht.