Neue Sozialhilfefälle nahmen in Städten trotz Corona ab
Im vergangenen Jahr hat die Zahl der Sozialhilfefälle in der Schweiz abgenommen. Die höchste Quote hat mit 10,2 Prozent nach wie vor Biel.
Das Wichtigste in Kürze
- Die Sozialhilfefälle sind im Jahr 2021 gesunken – trotz Pandemie.
- In 11 der 14 untersuchten Städte blieb die Zahl gleich oder nahm ab.
- Die höchste Quote hat Biel, gefolgt von Lausanne und Basel.
Die Anzahl neuer Sozialhilfefälle ist im Jahr 2021 trotz der Coronapandemie gesunken. Die Gesamtzahl der Fälle blieb laut einem am Dienstag publizierten Bericht der Städteinitiative Sozialpolitik stabil. Um die Anzahl zu senken, fordert die Städteinitiative bessere Ausbildungsmöglichkeiten von erwachsenen Sozialhilfebeziehenden.
In den 14 untersuchten Städten lebt rund ein Viertel aller Sozialhilfebeziehenden der Schweiz, wie die Städteinitiative Sozialpolitik am Dienstag mitteilte.
Ihre Auswertung in Zusammenarbeit mit der Berner Gesundheitsfachhochschule basiere auf der Sozialhilfestatistik des Bundesamts für Statistik (BFS). Unter Sozialhilfefällen würden einzelne Dossiers verstanden und nicht zwingend einzelne Personen, präzisierte Michelle Beyeler der Berner Fachhochschule vor den Medien in Bern.
Biel mit höchster Sozialhilfequote
Die Sozialhilfequote, also das Verhältnis der Anzahl Personen, die Sozialhilfe beziehen zur Gesamtbevölkerung, sei in 11 der 14 untersuchten Städte stabil geblieben oder gesunken. Der Vergleich bezieht sich auf die drei Vorjahre 2018 bis 2020. Die höchste Quote hat mit 10,2 Prozent nach wie vor Biel, gefolgt von Lausanne mit 7,9 und Basel mit 5,7 Prozent.
Die Unterstützungsleistungen des Bundes und die rasche Erholung des Arbeitsmarktes hätten dazu geführt, dass sie nicht anstieg. Besonders in Basel sei die Anzahl Sozialhilfebeziehender im Vergleich zu 2020 gesunken – um rund sechs Prozent. Lausanne, Luzern, Schaffhausen und Schlieren hätten dagegen eine «mittlere bis starke Zunahme» verzeichnet. Am stärksten stieg die Quote mit gut sieben Prozent in Lausanne. Die Zahl sei aus Gründen eines neuen Erhebungssystems aber mit Vorsicht zu interpretieren, wie es in der Mitteilung hiess.
Die Städteinitiative Sozialpolitik will Sozialhilfebeziehenden den Zugang zum Arbeitsmarkt erleichtern. Ein Mittel dazu sei die Bildung. «Menschen ohne Ausbildung ist ein anerkannter Abschluss zu ermöglichen», sagte Nicolas Galladé, Präsident der Städteinitiative Sozialpolitik und Stadtrat von Winterthur, am Dienstag an einer Medienkonferenz.
Zugang zum Arbeitsmarkt soll erleichtert werden
Auch die 33 zum Thema Bildung befragten Städte haben gemäss dem Bericht auf einen Investitionsbedarf verwiesen. Als wichtig werde es erachtet, Personen bei der Arbeitssuche zu unterstützen und sie während einer Berufsausbildung zu begleiten, wie Émilie Moeschler, Vize-Präsidentin der Städteinitaitive Sozialpolitik und Stadträtin von Lausanne, sagte.
Zwar würden etwa Sprachkurse häufig ermöglicht, ergänzte Michelle Beyeler von der Berner Fachhochschule. Auch die Berufsbildung von Jugendlichen und jungen Erwachsen habe Priorität. Aber von den erwachsenen Personen, die Sozialhilfe beziehen, verfügten mehr als die Hälfte über keine abgeschlossene Berufsausbildung.
Die Hürden für eine Berufsbildung will die Städteinitiative Sozialpolitik abbauen. Beispielsweise gebe es ausländerrechtliche Hindernisse. So drohe ein Verlust des Aufenthaltsrechts bei längerem Sozialhilfebezug infolge einer Ausbildung.
Personen, die aus gesundheitlichen Gründen keine Berufsausbildung abschliessen können, sei zudem eine positive Bildungserfahrung zu ermöglichen, sagte Galladé weiter. Dies fördere auch ihre Teilnahme am gesellschaftlichen Leben.
Die Städteinitiative Sozialpolitik vertritt laut eigenen Angaben die sozialpolitischen Interessen von rund 60 Schweizer Städten und ist eine Sektion des Schweizerischen Städteverbands.