Klimastreik Schweiz: Mit mehr Freizeit gegen die Klimakrise
Was ist denn das Problem an unserer Arbeit? Diese Frage stellt sich Claudio Bernhard im heutigen Gastbeitrag. Er findet: Mehr Freizeit würde dem Klima guttun.
Das Wichtigste in Kürze
- Die Klimakrise sei ein Nebenprodukt der Wirtschaftsstrategie, so Claudio Bernhard.
- Er fordert eine Verkürzung der Arbeitswoche – für das Klima.
- Ein Gastbeitrag vom Klimastreik Schweiz.
Wir stossen gerade an viele Grenzen gleichzeitig. Mit Vollgas rasen wir über unsere planetaren Grenzen hinweg. Mehr und mehr Menschen leben dabei in finanzieller Unsicherheit. Da das Wirtschaftssystem stets steigende Profite verlangt, wird Arbeitskraft und unsere Umwelt als Ressource immer stärker ausgenutzt.
Kein Wunder, dass sich in den letzten Jahren die Krisen häufen. Sie verstärken sich gegenseitig und erhöhen die bestehenden sozialen Ungerechtigkeiten noch weiter. Doch statt auf diese Krisen zu reagieren, wird immer mehr und mehr Produktion verlangt. Unsere Lebenszeit wird zunehmend ein Faktor von Kosteneinsparungen.
Die Lohnarbeit jedoch verliert dabei vermehrt an Sinnhaftigkeit und leistet kaum noch einen sinnvollen Beitrag zu unserer Gesellschaft. Systemrelevante Arbeiten wie die Pflege oder Kindebetreuung wird dabei zum Grossteil von FINTAs (Frauen, inter, non-binäre, trans und agender Personen) und Migrant*innen geleistet. Diese Arbeit wird dabei bei weitem nicht entsprechend wertgeschätzt. Statt dass wir arbeiten, um zu leben, müssen wir leben, um zu arbeiten.
Die 40+-Stunden-Woche ist nicht mehr tragbar
Die Klimakrise ist ein Nebenprodukt unserer Wirtschaftsstrategie. Dessen Zwang zur Überproduktion hat uns also zu einigen der grössten Bedrohungen unserer Zeit hineingeführt. Es gibt aber eine Möglichkeit, die ökologische Krise anzugehen, soziale Ungerechtigkeiten zu bekämpfen und dabei als Gesellschaft um einiges glücklicher zu werden.
Dank einer radikalen Arbeitszeitreduktion verbrauchen wir weniger CO2 und sind dazu noch glücklicher. Diese Arbeitszeitreduktion muss aber die Überproduktion abbremsen. Auch darf das Ziel einer Arbeitszeitreduktion nicht sein, dass die gleiche Arbeit in kürzerer Zeit erledigt wird.
Im Gegenteil: Der Arbeitsrhythmus muss dabei reduziert werden. Psychische Krankheiten wie Burnout oder Schlafprobleme sowie viele andere können dadurch auch als Nebeneffekt bekämpft werden. Die Arbeitszeitreduktion bietet also die Chance eines guten Lebens innerhalb der planetaren Grenzen.
Viele Frauen, welche Pflege und Betreuung für Kinder oder Verwandte leisten, werden aufgrund der Vollarbeitszeit von 40 Stunden, in eine Teilzeitfalle gedrängt. Eine Folge davon ist, dass sie eine viel kleinere Rente erhalten. Dies ist sehr ungerecht, da unsere Gesellschaft ohne ihre unbezahlte Arbeit nicht funktionieren könnte.
Mehr Zeit zum Leben
Wenn wir massiv weniger arbeiten, gewinnen wir auch Zeit: Zeit für mehr Miteinander, Zeit für den Planeten, Zeit für erfüllende und sinnstiftende Tätigkeiten. Die sinnlose Überproduktion wird gestoppt, stattdessen orientiert sich die Wirtschaft an unseren echten Bedürfnissen und den planetaren Grenzen.
Die Pflege- und Betreuungsarbeit kann eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe werden. Als solche kann sie gerecht aufgeteilt und angemessen wertgeschätzt werden. Menschen, welche Kinder und Verwandte pflegen, erfahren dabei keine gesellschaftliche Benachteiligung mehr.
Wir erfahren eine Entschleunigung und haben mehr Zeit für Familie, Freund*innen, Kultur und die Umwelt. Unser Wohlbefinden wird massiv gesteigert und ein Gemeinschaftsgefühl entsteht.
Organisieren wir uns also für eine radikale Arbeitszeitreduktion bei einem würdigen Einkommen. Holen wir uns unsere Zeit zurück!