Gerlafingen: Lokale Stahlproduktion für die Energiewende
Klimastreik Schweiz spricht sich im Gastbeitrag für den Erhalt der Stahlwerke in Gerlafingen und Emmenbrücke aus. Der Bund solle diese kaufen.
Das Wichtigste in Kürze
- Klimastreik Schweiz hält Stahl für einen essenziellen Baustoff für die Gesellschaft.
- Die Schweizer Stahlwerke in Gerlafingen und Emmenbrücke sollten vom Bund gekauft werden.
- Die Stahlproduktion muss jedoch nachhaltiger werden.
Die Stahlwerke in Gerlafingen SO, Emmenbrücke LU und weiteren Standorten trugen einst zur Industrialisierung der Schweiz bei – heute machen sie Verluste.
Das liegt an der weltweiten Überproduktionskrise von Stahl, dem hohen Netztarif im Strompreis und dem starken Schweizer Franken, kurz gesagt, am freien Markt.
Grosse Energiekonzerne können sich mit den hohen Netztarifen eine goldene Nase verdienen, während die Stahlwerke unter starker Konkurrenz durch Billigstahlproduzenten aus dem Ausland leiden. Die Marktlogik lässt sie im Stich.
Doch Stahl ist ein essenzieller Baustoff für die Gesellschaft und wird dies auch weiterhin bleiben.
Er kann beinahe ohne Qualitätsverlust immer wieder eingeschmolzen und neu geformt werden und wird auch in einer dekarbonisierten Welt noch verschiedenste Anwendungszwecke haben: Aus ihm entstehen die Wagenkasten für Trams, die Schienen für Züge, die Füsse von Windrädern, Speicher von Wärmepumpen und vieles mehr.
Gerlafingen und Emmenbrücke müssen bleiben!
Stahl kann in zwei Arten von Anlagen hergestellt werden: in einem Hochofen aus Eisenerz und Koks (fast reiner Kohlenstoff, der aus Kohle gewonnen wird) oder in einem Elektroofen aus wiedergewonnenem (recyceltem) Stahl.
Die Stahlproduktion in Hochöfen ist mit zwei Tonnen CO2 pro gewonnener Tonne Stahl deutlich klimaschädlicher als die Erzeugung durch wiederverwendeten Stahl, wo pro Tonne Stahl nur noch 368 Kilogramm CO2 ausgestossen werden.
Um die enorme Hitze von 1600 Grad Celsius in den Schmelzöfen zu erzeugen, werden der Elektrolichtbogenöfen in Gerlafingen und in Emmenbrücke mit Strom und Erdgas betrieben.
Die ökologische Bilanz der Stahlwerke könnte noch verbessert werden, indem der Strom für die Öfen nur aus erneuerbaren Energiequellen bezogen wird.
Unabhängig davon ist es aus ökologischer Sicht zu begrüssen, dass der anfallende Stahl-Schrott lokal, ohne weite Transportwege, verarbeitet wird.
Stahl spielt im Bausektor eine wichtige Rolle
In Stahl Gerlafingen, wo 120 Stellen gestrichen werden sollen, wird vor allem Baustahl produziert, ein Grossteil davon sind Armierungseisen.
Diese dienen dazu, Betonflächen zu stabilisieren. Allerdings muss Bauen mit Stahl nicht immer auch die Verwendung von Beton bedeuten.
Es gibt heute bereits klimafreundlicheres Bauen mit Stahlelementen, die durch Glas, leichte Stahl- oder Holzfassaden ergänzt werden.
Die Aufgabe, vor der sowohl der Bausektor als auch wir als gesamte Gesellschaft stehen, beinhaltet momentan allerdings vor allem das Um- und Weiternutzen von bereits stehenden Gebäuden als dem Abriss und Neubau.
Auch hier spielt Stahl eine wichtige Rolle: Als relativ leichter, aber doch sehr tragfester Baustoff kann er die Basis zur Aufstockung oder Erweiterung von Gebäuden stellen. Das Stahlwerk in Gerlafingen wird also auch in Zukunft relevant für die Schweiz bleiben.
Know-how von Arbeiternehmers muss erhalten werden
Bei der Steeltec AG in Emmenbrücke, die zur Swiss Steel Group gehört, wird der Recycling-Stahl zu spezialisierten Teilen geformt. Ein grosser Anteil des produzierten Stahls wird der Autoindustrie geliefert, die gegenwärtig in einer Krise steckt.
Anstatt Autoteile könnten in Emmenbrücke aber auch spezialisierte Stahlteile für Züge, Trams und Busse produziert werden. Insofern sind also die Produktionskapazität und das Know-how der Arbeiter*innen in Emmenbrücke entscheidend für eine nachhaltige Mobilität.
Arbeitsplätze sichern, Produktion nachhaltiger gestalten
Der Klimastreik begrüsst die verschiedenen Vorschläge zur Unterstützung der Stahlwerke aus dem Parlament.
Allerdings sind es nur kurzfristige Lösungen für langfristige Problematiken. Um die Arbeitsplätze zu sichern und eine nachhaltige Produktion von Stahl zu fördern, müssen die Stahlwerke der Marktlogik entzogen und vergesellschaftet werden.
Der Klimastreik fordert, dass die Stahlwerke vom Bund für einen symbolischen Preis gekauft werden und dass Gremien von Arbeiter*innen, Baumaterial- und Klimawissenschaftler*innen und Menschen aus der Bevölkerung demokratische Kontrolle über die Werke erhalten.
So könnte garantiert werden, dass das Know-How der Arbeiter*innen nicht verloren geht, dass die Produktion noch klimafreundlicher wird und dass für zukunftsfähige Sektoren produziert wird.