Vegane Ostern: Lieber ein Lamm aus Marzipan, als aus dem Backofen!
Alle freuen sich aufs Osterlamm. Fast alle. Kolumnistin Mirjam Walser kennt da jemanden, der die vegane Marzipanversion dem Ofenbraten klar vorzieht.

Das Wichtigste in Kürze
- Ostern feiern viele im Kreis der Familie mit einem festlichen Essen.
- Oft landet dabei ein Lammbraten auf dem Tisch.
- Die Tradition klingt harmlos und genussvoll – bis man genauer hinschaut.
Die Sonne scheint durch frisch geputzte Fensterscheiben, die bunten Tulpen versprühen Frühlingsgefühle, und im Garten suchen Kinder mit quietschenden Gummistiefeln nach Schoggi-Eiern.
Das Osterfest steht vor der Tür. Alles fühlt sich nach Neubeginn an, nach Aufatmen nach dem Winter.
Ostern hat seinen festen Platz – selbst bei jenen, die mit Kirche oder dem religiösen Hintergrund wenig anfangen können.
Die Rituale bleiben: das gemeinsame Essen, die Süssigkeiten, der Moment des friedlichen Beisammenseins mit der Familie. Und natürlich gehört ein festliches Osteressen dazu.

Auf den Tischen vieler Familien findet sich – wie jedes Jahr – der Lammbraten. Schön angerichtet, vielleicht mit Kräuterkruste. Eine Tradition, sagen manche. Ein kulinarischer Genuss, sagen andere.
Lange Tradition: Das Opferlamm
Doch so festlich der Rahmen ist – für das Lamm selbst ist Ostern alles andere als ein Fest. Eben erst noch gesäugt und von der Mutter umsorgt, gehört es für viele Lämmer zu den ersten (und einzigen) Lebenserfahrungen, geschlachtet zu werden. Sie müssen ihr Leben im Alter von vier bis acht Monaten lassen.
Noch trauriger ist das Schicksal der sogenannten Milchlämmer. Gerade mal zwei Monate alt, werden sie bereits zum Schlachter geführt.
Kaum im Leben angekommen, enden sie als Festbraten auf dem Tisch.
Besonders makaber: Ihr Fleisch gilt als besonders zart – und wird genau damit beworben. Dass da eigentlich ein Tierbaby dahintersteckt, wird gerne ausgeblendet.

Dass wir ausgerechnet das Tier essen, das symbolisch für Unschuld steht – und im biblischen Kontext als Sinnbild für Reinheit und Opfer gilt – ist kein Zufall.
Seit dem Alten Testament steht das Lamm für das schuldlose Wesen, das geopfert wird. Dieses Narrativ haben wir bis heute unreflektiert in unsere Esskultur übernommen.
Sonnenschein statt Backofen
Dabei braucht’s kein Lamm für ein schönes Osterfest. Eigentlich überhaupt kein Fleisch. Wir leben nicht mehr in einer Zeit, in der Tiere einem Gott geopfert werden müssen.
Warum also an einem Ritual festhalten, das längst überholt ist?
Man kann das Fleisch einfach weglassen oder eine der vielen pflanzlichen Alternativen auf den Tisch bringen.
Und sich stattdessen auf das konzentrieren, was uns echte Freude bringt: Zusammensein mit Freunden und Familie. Und das Feiern eines Neubeginns – ob religiös, symbolisch oder einfach nur, weil man das Feierabendbier endlich wieder im Garten trinken kann.

Traditionen haben zweifellos ihren Charme. Dazu gehört auch das Osterfest.
Aber: Traditionen dürfen – nein, sie müssen – weitergedacht werden. Gerade dann, wenn andere, in diesem Fall das Tier, wegen unserer Gewohnheiten leiden müssen.
Und wer an Ostern partout nicht auf das Lamm verzichten will, kann auch zur süssen, veganen Variante greifen. Etwa aus Marzipan oder als Kuchen.
Das echte Lämmchen geniesst derweil lieber den Frühling auf der Wiese und ein bisschen Sonnenschein, statt im Backofen vor sich hinzuschmoren.
Zur Person: Mirjam Walser (38) schreibt auf Nau.ch regelmässig zum Thema Veganismus und Tierrechte. Als Coach und Gründerin der Vegan Business School ist sie Expertin für veganes Unternehmertum und vegane Innovationen.